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Reiner Menschheit schönste Blüte
Heg' ich treulich im Gemüte;
Doch fühl' ich jezuweil ein Drängen,
Den Menschlein etwas anzuhängen.
 

Poetisches Tagebuch I.

(In zahmen Xenien von 1825-1850)
 


Und der Tag — er ist vorüber!
Seine Schmerzen sind erlitten,
Und die todeswunde Fieber
Hat sich neuen Schlaf erstritten.

Und so wandeln wir in Kreisen,
Die uns nie erquicken können,
Wie in den bestaubten Gleisen
Wohl die edlen Rosse rennen.

Dem großen Kreis' uns anzuschließen,
Es gäbe Lebenskraft und Lust;
Doch ist's Bedürfnis, überfließen
Bisweilen an des Einen Brust.

Was uns gut und lieb erscheint.
Sollen wir's vergraben?
Meinen Freund und deinen Freund'
Sollen Alle haben.

Als den Gedanken du ausgesprochen.
Da schien er mir mein eigner nur;
So jede Frucht, die du gebrochen,
Sie wuchs so voll auf deiner Flur.

Als ich jung war, da war ich arm,
Hatte gar oft nicht zu essen warm.
Den Stiefeln fehlten die Sohlen —
Es war zum Teufelholen!
Auch Holz hatt' ich nicht immer.
Aber mein Sinn stand hoch.
Und heiß und glühend liebt' ich doch.
Wenngleich im ungeheizten Zimmer.

Ich bin im Bett nicht gern allein,
Gewiß mein Mädchen auch nicht;
Doch läßt die Spröde mich nicht ein —
Es ist einmal der Brauch nicht.

Ich hatte den Mut und sie den Willen —
So entstand der Mutwillen.

Das Lieben ist wohl süß, mein Kind,
Heiraten geht nicht so geschwind!
Drum bleib' nur immerhin mein Herzchen,
Auch ohne Hymen's Sparerkerzchen;
Und willst du's nicht, laß das Bedenken!
Nimm einen Mann — mich wird's nicht kränken.

Da sitzt der Freund in seinem Haus,
Und geht fast Niemand ein und aus;
Es ist ein ewig Einerlei:
Sie schweigt und strickt, er gähnt dabei.
Sie haben Beide das Geschick,
Sich täglich neu zu ennuyieren;
Sie nennen das: Familienglück!
Ich mag davon nicht profitieren.

Wie ein Veilchen wohl im Unkraut steckt,
Der Spatz ein zierlich Kuckucksei heckt,
Ein Silberling unter Kupfer sich mischt,
Unter Grundeln man eine Forelle fischt,
So bildet sich im Philisterhaus
Bisweilen ein kluges Mädchen heraus.

Der Seele bist du ledig,
Treib's mit dem Leibe gnädig.

Wie mich die holde Kleine rührt!
Sie wäre gar so gern verführt.

Willst du dich der Tugend weihn,
Glück kann ich dir dann versprechen.
Laß mich nur erst glücklich sein,
Tugend wird mir nicht gebrechen.

Dick und Dünn und Große, Kleine,
Gleiches Licht und Sonne hatten.
Aber Jeder vom Vereine
Warf sich seinen eignen Schatten.

Zwecklos wandeln seine Gleise
Ist das Beste und das Schlimmste;
Darum kann's der höchste Weise,
Aber auch der Allerdümmste.

Die Welt geht ihren Schlendrian,
Du wirst sie nicht verbessern;
Fang' du nur erst selber an.
Deinen Wein zu wässern.

Will sich Einer fröhlich zeigen,
Regt es Diesem, Jenem Tränen;
Welche lustig tanzen, Jenen
Müssen Andre traurig geigen.

Steckt der Schlüssel lang' im Schlosse
Er am Ende doch verrostet;
Warst mir trefflicher Genosse,
Doch nun bist du ausgekostet!

Traut nur einem Dichter nicht!
Dieses Volk, das vielgeübte,
Wandelt Freundin und Geliebte,
Und sich selber zum Gedicht.

Die Gabe hab' ich nun einmal,
In Jeden mich zu finden;
Ich bin bestimmt, mein Lebelang
Dramatisch zu empfinden.

Ja, es gibt noch Glück im Leben,
Sprech' es aus mit Überzeugung:
Über alle Schmerzen will uns heben
Eine allertiefste Herzensneigung.

Wunder, wie in diesen Tagen
Wieder ich zum Dichter werde!
Seltsam, wie die Blüten schlagen
Aus der herbsteswarmen Erde!

Man gibt sich nicht in zwei Diskursen,
Man gibt sich überall dem Freund;
Die Wahrheit lehrt sich nicht in Kursen,
Obschon es der Professor meint.

Zur schlimmen Stunde soll ich ruhn?
Der Ausspruch macht mich fast beklommen!
Ich werd' am Ende gar nichts tun.
Da lauter schlimme Stunden kommen.

Wie man sich auch wehren mag.
Bald ist Alles hingeschwunden:
Jubeltag wie Jammertag
Dauert vierundzwanzig Stunden.

Was läßt sich in zwei Zeilen denken?
Es ist nicht viel, doch kann's dich kränken.

Bei bösem Wetter und bei Reue
Schmerzen alte Wunden auf's neue.

Die Stunde wird verpaßt,
Das Jahr verpraßt.

Die Perle, die in der Muschel ruht,
Sie ist in der Meeresgötter Hut —

Hab' ich so manchen Puff ertragen,
Mag man mich auch zum Ritter schlagen.

Ich wollt', man traute mir!
Ich bin gar so treu;
Ich wollt', man fragte bei dir,
Ob ich es sei.

Sieh nur einmal die Sterne!
Scheinen sich nah', stehn sich doch ferne;
Und jeder hat sein eigen Licht,
Kümmert sich einer um den andern nicht.

Sonne blickt im Herbst so mild.
Fast wie Frühlingsstrahl;
Doch ihr klares goldnes Bild
Läßt nicht ohne Qual:
Denn wo ist der Lenzesduft,
Der dich süß bewege?
Wo die Auferstehungsluft,
Die dich neu errege?

Zu vernünftigen Gesprächen
Scheint mir nun die Zeit gekommen;
Da wir keine frischen Blüten brechen,
Werden trockne Blumen angenommen.

Gott der Herr erschuf den Mann,
Und das Weib aus seiner Rippe;
Ob der Schöpfer wohlgetan,
Kommt nicht über meine Lippe.

Holzruder das Schiff von Holze führt,
Und leitet's über die Klippe;
So wird der ganze Mann regiert
Von seiner eigenen Rippe.

Und wenn ich erst gestorben bin,
Ich könnt' mich nicht drein finden!
Mir ist, als müßte die ganze Welt
Mit mir aus der Welt verschwinden.


Was hilft's nur, daß es dir im Busen quillt?
Was nährst du täglich eitle, leere Triebe?
Die schönsten Wünsche werden nie gestillt:
Nach ew'gem Frühling, nach der ew'gen Liebe.

Aus Feigenknospen werden Feigen,
Die Traubenblüte wird zur Traube;
So Jedem wird, was ihm zu Eigen —
Das ist mein allertiefster Glaube.

Rufst du dem schönen Augenblick: Verweile
O, wie verkennst du seine holde Sendung!
Er ist in seiner ruhelosen Wendung
Ein stetes Abbild von des Lebens Eile.

Die Liebe, fühl' ich, die Poesie,
Sie wandeln stets selbander —
Zur guten Stunde kommen sie.
Und fliehen miteinander.

Geld nur erwerbsam, seid nur dreist,
Das Übrige wird sich geben!
Und wähnt nur ja nicht, daß der Geist
Auch etwas zahl' im Leben.

Ihr seid verschwiegen, seid versteckt,
Ich red' und handle ungeniert;
Meine Gesinnung ist korrekt,
Die eurige korrigiert.

Vierzig Jahr' auf einer Säule stehn
Ist ein wunderlich Streben!
Vierzig Jahr' in's Amt zu gehen —
Nicht viel klüger eben.

So ist das Leben hingeschwunden!
Wozu sind wir geboren?
Die Menschen hab' ich nicht gefunden,
Den Gott und die Götter verloren.

Ich hab' es nie begreifen können!
Der Eine keck, der Andre zahm,
Und Dieser g'rad und Jener lahm —
Wie soll ich das die  G l e i c h h e i t  nennen!

Es darf dir nicht den Sinn verwirren,
Dein Herz für's Gute nicht erkalten:
Weit lieber mit dem Edlen irren,
Als mit dem Schurken Recht behalten.

Es gießt vom Himmel — laß es regnen!
Was hilft die Hemmung!
Wir wollen's segnen,
Und gibt's auch Überschwemmung.

Bist auf dem Meer, und fragst, ob's frommt,
Und ob du dich betrogen?
In jede Noahsarche kommt
Die Friedenstaube geflogen.

Das Ding, es macht mich üblen Muts,
Wie sie Verkehrtes trachten! —
Hilft Alles nichts! Tu' ihnen Guts,
Mußt du sie gleich verachten.

Aus der Seele welch' Gewühle
Bricht hervor mit Allgewalt!
Da ich mich noch wachsen fühle,
Bin ich noch nicht alt.

Wer sich nicht jung erhält
Im Alter,
Der bete den Psalter,
Doch male keine Welt.

Was Einer vor tausend Jahren gedacht,
Uns heut' noch immer denken macht;
Was Einer vor tausend Jahren getan,
Die Andern denken nicht mehr dran.

Wenn Jeder nach Vernünft'gem strebte,
Sich und den Andern zum Behagen!
Und wenn der alte Goethe noch lebte,
Er würde dasselbe sagen.

Diese Welt ist doch die beste,
Und sie lebt sich ziemlich gut;
Mit Gesundheit, Geld und Jugend,
Und ein bißchen Übermut.

Welcher Sterbliche kann sagen,
Welch ein Sohn ihm einst zu eigen?
Zeus nur wußt' es, daß er würde
Einen Herkules erzeugen.

Nicht wie jener Pharisäer
Bin ich, Herr! Du kennst mich näher.
Dieser übertrifft den Alten —
Ei, du Doppelpharisäer!

Was ich bin und was ich habe,
Wurd mir nur durch Gottes Huld;
Jedes Glück ist Himmelsgabe,
Jeder Schmerz ist eigne Schuld.

Was Gott am nächsten ist?
Ein Herz, das überfließt,
Und demutsvoll genießt.

Wenn Jesus Christ die Welt befreit,
Ihr meint doch nur die liebe Erde?
Ich glaub' nicht, daß er zu jener Zeit
Die Sterne droben auch bekehrte.

Unsterblichkeit — das wär' nicht schlecht,
Und immer wieder angefangen!
Wie aber kommt der Mensch zurecht,
Ist sein Planet erst untergangen?

Nach der höhern Welten Kunde
Forscht ihr auf des Wissens Wegen?
Strömt doch aus geliebtem Munde
Geistesgruß euch mild entgegen.

Ich hab' mit euch gar wunderlich verkehrt:
Bald lehrt' ich euch, bald habt ihr mich belehrt.

Die Alten daseln,
Die Jungen faseln.

Sie sprechen immer von Gesinnung
Sie meinen: ihre Innung.

Du bist ein ölgetränkt Papier:
Du scheinst nicht — das Licht hinter dir!

Wenn Alles dich verläßt, was soll es?
Dir bleibt noch Alles — aber woll' es!

Hilft das Sammeln nicht — verstreu' es!
Gibt's noch keine Frucht — so sei es!

Töricht Hoffen
Sieht den Himmel offen.

Laß das lange Vorbereiten,
Fang' dein Leben an beizeiten.

Schöpft ohne Ablaß aus den frischen Bächen:
Erst trinkt, dann laßt uns über's Trinken sprechen.

Ich will mich gar nicht mehr verlieben. —
Was hilft's! Du wirst dazu getrieben.

Jedes Ding hat seinen Schatten,
Jede Frau hat ihren Gatten.

Ein Kind, ein Weib, ein kräftiger Geselle,
Die scheun nicht scharfen Wind, noch wilde Welle.

Wer nicht die Kräfte kann zur Ruhe binden,
Der mag im Wechsel seine Ruhe finden.

Ich bin ein Mensch —das heißt: ich nehme Teil
An gewissem Schmerz, an zweifelhaftem Heil.

Wer sich am besten kennen lernt?
Der sich vom Täglichen entfernt.

Aufwärts schaut er — um die Flecken
An der Sonne zu entdecken.

Die Zeit ist bitter — selbst der Scherz der Zeit
Nimmt etwas an von ihrer Bitterkeit.

Weißt du, was ich vermag?
Du siehst mich nur bei Tag.

Der Kern sei derb,
Die Schale herb.

Wenn die Parteien schweigen
Wird sich's zeigen.

Ich weiß, von euch ist Jeder anders zünftig:
Mein Freund und ich sind bloß vernünftig.

Und der Fromme wie der Sünder,
Alle sind sie Gottes Kinder.

Jeder naht mit einem Kranze,
Du verwindest sie in's Ganze.

Lieber, laß die Zeit nur walten!
Die Knospe, die sie schuf, wird sie entfalten.

Gern sagen möcht' ich in zwei Zeilen:
Ich will mit dir mein Leben teilen.

Daß die natürlichsten Gebärden
So mißverstanden werden!

Was wollt ihr mich denn glücklich preisen?
Welch Kind hat g'nug von süßen Speisen?

Das ist denn unser Lebenslauf:
Womit du anfängst, hörst du auf.

Was daraus wohl werden mag?
Will es nicht erfahren!
Glücklich bin ich diesen Tag,
Lebe nicht nach Jahren.

Beste, siehst du das nicht ein?
Wie ich bin, so muß ich sein!
Gibst dich mir in Liebe hin,
Wenn ich erst ein Andrer bin?
Anders halt' ich es mit dir:
Wie du bist, gefällst du mir.

Wenn du gefallen bist,
Uns Allen ist
Das widerfahren —
Wer kann sich immer rein bewahren!
Wie hast du doch so hold und gut
Den Kelch der Reue da getrunken!
Doch strauchelst wieder, junges Blut,
Wär's nicht gefallen, wär's gesunken.

Ob du wenig tust oder viel.
Drauf kommt's nicht an!
Ich seh' nur auf dein Ziel —
Die Richtung macht den Mann.

Und wie er mit den Füßen strampft,
Er nennt das einen Solotanz;
Und wenn man den Narr'n im Mörser zerstampft,
Er kommt heraus wieder ganz.

Nenn' ihm ein Übel, er hat's —
Bald quält ihn sein Freund, bald sein Schatz.
Was das für närrisch Treiben ist!
Du armer Kerl, Hypochondrist!

Im Interim lebt' ich lange Zeit,
War nichts als Zorn und Galle hinter ihm;
Und nun ich gedrungen zur Wirklichkeit,
Nun leben die andern Alle ad interim.

Wie ich es täglich sehe,
Sie leben in "zahmer" Ehe.

Gefühl, Gedanke, Ton, Gang und Blick —
Der ganze Mensch ist Mosaik.

Erziehung, Bildung früh und spat
Die Prügel sind das Surrogat.

Ward Einer erschlagen vom Aerolyten —
Im Leben hielt er die Dinger für Mythen.

Die Kinder untersuchen die Taschen —
Du mußt sie stets mit etwas überraschen.

Das glaub' nur Jeder:
Das Veilchen ist so wichtig wie die Zeder.

So einen Toren fand ich bald nicht.
Er sieht die Bäume vor lauter Wald nicht.

Es fährt wohl Einer sicher über's Meer,
Und ersäuft im süßen Wasser hinterher.

Wie man's nur bezweifeln kann!
Jedes Genie ist ein Tyrann.

Fangt nur den Löwen im Netz!
Die Maus nagt ihn schon wieder heraus.

Ihr seid die Gebildeten.
Und Eingebildeten.

Ein Kerl, ein vertrackter!
Nennt sich einen öffentlichen Charakter.

Zum Stolzsein habt ihr keinen Grund!
Jagdhund ist Sklave wie Kettenhund.

Die Franzosen, die Engeländer schweigen —
Jetzt erfindet selbst was, jetzt könnt ihr euch zeigen!

Dichter spinnen Wolle jetzt.
Seide spannen sie nie zuletzt!

Über den Menschen, den Parteien stehen
Die hellen, leuchtenden Ideen.

Du bist mir auch von den Rechten!
Ein Knecht, befiehlst andern Knechten.

Gäb' es wirklich Offenbarung,
Wozu brauchten wir Erfahrung?

Am Anfang war das Wort —
Es ist auch immerfort.

Der Schlaf ist ein Tod gar süß,
Nach welchem die Auferstehung gewiß.

Das ist nun seine Art:
Er lebt immer  ne b e n  der Gegenwart.

Die Natur hat ihn stiefmütterlich behandelt,
Daß er nur auf zwei Füßen wandelt.

Sie wundern sich, daß sie frieren,
Und heizen mit ihren Zimmertüren.

Es schnattert, wer nicht singen kann!
Die Gans hat noch weit zum Schwan.

Die Kreise werden enger,
Die Schatten werden länger.

Vorüber ist vorüber!
Die Tage werden trüber.

Der Weise sitzt in der Eremitage,
Ringsum wohnt die Bagage.

Ich hab' so was vom Tellen —
Steh' gern allein, brauch' keine Gesellen.

Zwei Dinge kann ich nicht ausstehn:
Daß Leute vor und hinter mir gehn.

Sei nur nicht bange!
Ein Wurm ist's, keine Schlange.

Was soll mir diese dürre Pflaume?
Ich mag sie gerne frisch vom Baume.

Die drei Größten hatten wir schon:
Jesus, Shakespeare, Napoleon.

Der Mensch braucht Geld — ein alter Brauch!
Aber das Geld braucht Menschen auch.

Mein Haus ist bestellt nach meinem Sinn:
Sind viel Möbel, keine Menschen drin.

Verlorne Jugend — schlimmes Wort!
Verlornes Alter — Alles fort!

Der Mensch muß sterben, darum eilen —
Drum schrieben wir so viele tausend Zeilen!

Ja, selbst an Juno schicktet Grüße,
Und hat vom Pfau doch nichts als die Füße.

Wie die alten Götter herunterkamen!
Sie leben nur mehr in Hundenamen.

Mene, Tekel her und hin,
Sie verharren aus ihrem Sinn.

Bleibt Alles wie es ist, und sei auch
Die Welt in Mutterwehn;
Klingelbeutel und Weihrauch
Werden immer zusammenstehn.

Was vernünftig ist, ist wirklich —
Das mag wahr sein, jetzt und künftig;
Doch das Wirkliche war wirklich
Oft bis jetzt sehr unvernünftig.

Der ungläubige Geselle,
Der uns den Himmel raubt,
Kommt in die Hölle,
An die er nicht glaubt.

Gingt ihr inkognito auf die Reise,
Niemand beugte sich vor euch;
Und der Dumme wie der Weise,
Wenn sie tot sind, sind sich  g l e i c h.

Das gibt dann immer Zerwürfnisse,
Ist Einer nicht völlig geborgen,
Hat geistige Bedürfnisse,
Und muß für leibliche sorgen.

Die Wände haben Ohren —
Da ist man bald verloren;
Wie schlimmer man sich noch befände,
Hätten die Ohren nicht auch Wände.

Ich ging geblendeten Gesichts
Zwischen den besternten Zeilen;
Wenn Einer ein Mensch ist und weiter nichts,
Man schämt sich doch bisweilen.

Für die Freiheit sein Leben als Opfer zu bringen,
Dazu könnte man sich noch zwingen;
Aber selten ist Einer bereit,
Zu opfern seine liebste Gewohnheit.

Der Mann kann nicht sterben.
Wir müssen ihm beistehn in seinen Nöten,
Ihn zu tot beten,
Und dann beerben.

Babel und Ninive mußten verwehn,
Blieb keine Spur auf Erden;
Dies Geschlecht muß erst untergehn,
Sonst kann nichts Tüchtiges werden.

Wie man in der Politik sich eintunkt.
Das hat er erfahren zu rechter Zeit;
Er steht jetzt auf dem Standpunkt
Der höheren Gleichgültigkeit.

Die Sense mäht den Lerchenkopf
Mit Blumen und Gras;
Das Schicksal nimmt einen Jeden beim Schopf
Bedenket das!

Es macht mich ganz perplex:
Ich bin exlex;
Ich weiß mir keinen Rat,
So leb' ich außer dem Staat.

Was betet nur das Gewimmel:
Vater, der du bist im Himmel!
Ich bete — anders begriff ich's nie
Der du bist in der Phantasie!

Ihr wollt nur immer das Höchste haben,
Das sind mir lächerliche Dinge!
Gering sind freilich unsre Gaben,
Aber euch taugt mir das Geringe.

Wem Gott ein Amt gibt,
Dem gibt er auch Verstand;
Ja, aber wem er Verstand gibt,
Dem gibt er selten ein Amt.

Und Bettler oder Könige,
Sie gleichen sich in dem Einen:
Zufriedene gibt's wenige,
Glückliche keinen.

Du willst ihnen das Leben versüßen?
Ja, wenn sie dich verständen!
Aber tritt sie nur mit Füßen,
Und sie tragen dich auf den Händen.

Ein Mädchen von Verstand
Gibt nichts als seine Hand;
Das liebende Weib
Gibt Seele und Leib.

Sei nicht so betrübt,
Mein süßes Leben!
Du hast viel geliebt,
Dir wird viel vergeben.

Und wie ich's überdenke,
's bleibt eine wunderliche Sache:
Die Sprache ist Gottes Geschenke,
Und Gott ein Geschenk der Sprache.

Am besten ich das fromme Volk vermeide,
Ich mag mich an der Trübsal nicht beteiligen;
Was soll ein gesunder Heide
Unter den kranken Heiligen?

Ei, was schwatzest du, mein Guter?
Keiner wird aus Nichts geboren;
Nicht der erste war der Luther,
Letzter der Reformatoren.

Man kommt niemals zur Ruh',
Und bleibt doch stets auf dem alten Fleck;
Heute strömen mir Gedanken zu,
Morgen schwemmt es sie wieder weg.

Der Himmel war so goldigblau —
Mir war dabei im Herzen flau;
Das Schneegestöber sah ich wüten —
Die Flocken schienen Frühlingsblüten.

Der Eine will zum Zeitvertreib,
Der Andre zur Belehrung diskurieren;
Und Der führt seinen Unterleib,
Der seine Seele spazieren.

Lebt man lang' auf Erden.
Kann man zuletzt verderben;
Um nicht dumm zu werden,
Muß man bei Zeiten sterben.

Das wähne nur Keiner,
Daß er sich nicht entbehren ließ'!
Dein Tod oder meiner
Macht in der Welt noch keinen Riß.

Wundert's dich, daß du vergessen bist,
Und daß sie dir nicht mehr Vivat schrein?
Wenn jeder Einzelne undankbar ist,
Wie soll ein ganzes Publikum dankbar sein?

In dieser Familie herrschen
Immer dieselben Triebe:
Der Gründer war ein Räuber,
Die Kinder und Enkel sind Diebe.

So Manchem fällt ein Amt zu,
Wofür er nicht geboren;
Und wenn ein Esel zu Ehren kommt,
So wachsen ihm noch die Ohren.

Dich ziert Schönheit, Verstand und Güte,
Du bist ein unerträglicher Gauch;
Verschieden verteilt sind die Erdengüter,
Die himmlischen leider auch.

Ich kenn' eure Sozietät!
Ein Teil Höflichkeit,
Ein Teil Falschheit,
Ennuye zur Genüge,
Und das Ganze Lüge.

Es ist eine eigne Menschenart,
Immer sicher und dreist;
Und immer Geistesgegenwart,
Aber kein Geist.

Ich wollt', es gäb' keine Armen und Reichen —
Sie sind also Sozialist?
Daß die Brüder sich liebten als ihres Gleichen —
Aha! Sie sind Kommunist!

Was das nur für Gerede gibt!
Ihr wollt, ich soll mich verteidigen?
Dummheit und Roheit machen mich betrübt,
Doch können sie mich nicht beleidigen.

Gott sei's geklagt.
Wie fallen sie her über mich!
Wenn man "schlechter Kerl" sagt,
Ein Jeder bezieht's auf sich.

Den rohen Gewalten
Imponierst du nur durch Massen;
Da hilft denn nichts als stille halten,
Es über sich ergehen lassen.

Ihr meint, ich sinne auf Rache?
Das ist nicht meine Sache!
Ihr selbst schafft mir Gerechtigkeit,
Daß ihr seid, wie ihr seid.

Fühle zart und denke scharf,
Was nicht Jeder kann;
Gib der Welt, was sie bedarf,
Und du bist ihr Mann.

Wenn dir ein schöner Fruchtbaum ward,
So scheuch' das Lumpenpack mit Knütteln,
Doch laß den Westwind nach seiner Art
Alles durcheinander schütteln.

Das Feld liegt dürr und öde —
Die Vöglein tragen Samen;
Ihr Vöglein, tut nicht blöde,
Laßt fallen in Gottes Namen!