An Marie
Ich wandle gar oft im Gedankenlauf
Die Reihe verflossener Tage hinauf;
Da seh ich zuerst die Stunde vor mir,
In der ich mich losgerissen von dir.
Und drauf erblick ich die sonnige Zeit,
Die himmlischen Tage der Seligkeit.
Drauf wandelt dem träumenden Auge zurück
Der keimenden Hoffnung schwankendes Glück.
Doch träum ich am herrlichstem schönsten von dir,
Da stehst du zum ersten Male vor mir.
Ritornelle
Gedichtform
1.
Mein Herz, du hast so lange widerstanden,
Hast unbesiegt als Mann dich lang behauptet,
Nun liegst du schwach, ein Kettenhund, an Banden.
2.
Die Lieb verschafft uns mancherlei des Leides,
Betrogen werden, oder selbst betrügen. —
Und dann in vielen Fällen gar wohl beides.
3.
Was Gott den Juden sagte, sag ich dir:
"Mein Kind, du sollst allein an Einen glauben,
Ich dulde keine Götter neben mir."
4.
Das Zanken nährt die Lieb, wie Tau den Garten;
Beständig zanken wir, drum ist auch diesmal
Bei meiner Lieb kein Ende zu erwarten.
5.
Einst sprach ein Mann, die Freiheit soll man singen
In der Gefangenschaft; ich fühls, mir müßten
Jetzt solche Lieder wunderbar gelingen.
6.
Ich hab mir jeden Morgen vorgenommen,
Zu ihr nicht hinzugehn, und bin die Woche
Doch sieben Mal zum holden Kind gekommen.
7.
Ihr glaubt mirs nicht, mein armes Herz zerreißt es,
Wenn ich mich selbst verlach; ihr wißt die Sage,
Daß Possenreißer häufig düstern Geistes.
8.
Es leben so viel Glückliche auf Erden,
Bedürfen meiner nicht in ihrem Himmel;
Und du sollst ohne mich nicht glücklich werden?
9.
Leicht ist ein leichtes Mädchenherz gefangen,
Wenn man erhöht und stolz auf dem Kothurne
Des Freiers kommt zur Tür hereingegangen.
10.
Als draußen Winter, lebt ich tief im Lenze;
Nun in der Sommerpracht der weiten Gegend
Sind welk, ein Spiel des Windes, meine Kränze.
11.
Ich wollt, ich könnt im Träumen, Dichten, Denken,
Zu fliehen dieser Tage dunkle Mächte,
Mich ganz in die Vergangenheit versenken.
12.
Ertönen deine zaubervollen Lieder,
Seh träumend ich das Firmament erschlossen,
Ein ganzer Chor von Engeln schwebt hernieder.
13.
Die Sonne meines Glücks ist schlafen gangen,
Die Gegenwart als dunkle schwarze Wolke
Seh über mir ich wetterleuchtend hangen.
14.
Es flieht von dir verstoßen fort mein Glaube,
Kehrt aber heimwehkrank des Morgens wieder
Zu deinem Fensterlein als treue Taube.
15.
Siehst einstens du das Leben dir erblassen,
Und stehst du einsam da durch Tod und Täuschung,
Kehr heim zu mir, ich will dich nicht verlassen.
16.
Durch Alpentäler, über grüne Matten,
Durch Wüstensand, wie durch des Lebens Frühling
Geleite mich dein Bild, befreit von Schatten.
Das Tal
Heiteren Gemüts betracht ich
Dich, du freundlich grünes Tal;
Holdes Bächlein, dein gedacht, ich
Oft in Freud, in Lust und Qual;
Bist mit mir so fest verbunden,
Bist ein alter, treuer Freund.,
Der nach vielen tausend Stunden
Wiederum dem Blick erscheint.
Alles, alles ist geblieben,
Waldesschatten, Quell und Bach,
Fühl mich heimlich, wie im lieben
Lang verlassenen Gemach.
All die hingeschwundnen Zeiten,
Seit ich dich, o Tal, gesehn,
Seh ich reich an Seligkeiten
Wie Gestalten vor mir stehn.
Wie in eines Sees Spiegel
Schau ich in mein Herz hinein,
Wolkengold und Wies' und Hügel
Seh ich drin im hellen Schein.
Alte, freundliche Gebilde
Tauchen aus der Wellen Tanz,
Drüber leuchtet sanft und milde
Gegenwart als Sonnenglanz.
Gleichnis
Wirf einen Stein in das Bächlein,
Hinein in der Wasser Tanz,
Wenn keine Wellen mehr kreiseln,
Vergißt du des Steines ganz.
Und wenn der Dolch des Schicksals
Verwundet tief dein Herz,
Verkündet dein bleiches Antlitz,
Dein düsterer Blick — den Schmerz.
Und wenn die bleichen Wangen
Sich färben wieder mit Rot,
Dann glaubt die alberne Menge,
Dein Schmerz sei auch schon tot.
Abendlied
Des Tages Lärm verklinget,
In blauen Lüften singet
Die Lerch ihr Abendlied.
Die Mondnacht will beginnen,
Die Schar der Winzerinnen
Singend nach Hause zieht.
Die Lerche singt hernieder,
Der Winzerinnen Lieder
Sie schweben leis empor.
Die Töne im Vereine
Über der Nacht der Heine,
Sie bilden einen Chor.
Wenn unser Tag verronnen,
Die Dämmerung umsponnen
Vom Tagwerk jede Spur,
Und still das Weltgetümmel,
Gehört das Herz dem Himmel,
Die Lieder der Natur.
Das Lied
Es gleicht dem hohen Springquell
Des Sängers tiefstes Lied,
Das auf bis zu den Wolken
Und immer höher zieht.
Es steigt und küßt den Himmel,
Sinkt als Kristallenmeer
Hernieder auf die Erde,
Auf seine Heimat her.
Und alle Lebensfarben,
Die in der Welt zerstreut,
Erscheinen in dem Bogen,
Der Aug und Herz erfreut.
Spätherbst
Herbst, der mürrische finstere Gast,
Hat aus dem Traum mich gerüttelt,
Hat mit wilder, stürmischer Hast
Laub von den Bäumen geschüttelt.
Und ich durchwandl in düstrer Nacht
Träumend die neblichen Gründe,
Und ich gedenk, was der Lenz mir gebracht,
Ist nun ein Raub der Winde.
Und ich gedenk an dich zurück,
Die du mir alles gewesen,
Daß ich in deinem Auge das Glück
Meines Lebens gelesen.
Hei! was rauscht da hinter mir her,
Leise raschelnd mit Knistern?
Was bedeutet, da alles leer,
Dieses gespenstige Flüstern?
Dürre Blätter sinds, die mich erschreckt
Die mir die Füß erreichen;
Und der Herbstwind hat mich geneckt,
Nach gesandt mir die Leichen.
Die Erinnerungen an dich,
Nun beim herbstlichen Wetter,
Sind, o Geliebte, glaub es, für mich
Welke, rauschende Blätter.
Scheiden
Du findest hart und unversöhnlich mich,
Weil unsre Pfade nicht ein Weg geblieben,
Du meine Hoffnung sahst so schnell zerstieben,
Der süße Traum vor meinem Aug erblich.
Betracht als jene Quellen mich und dich,
Die dort, mit Macht aus einem Fels getrieben,
Mitsammen lange gehn im treuen Lieben;
Sie trennen bald darauf als Flüsse sich.
Und ob sie auch getrennt sich ferne wandern,
Es trägt des Nachts manch leiser, sanfter Wind
Des Rauschens Ton von einem zu dem andern;
Auch dieses letzte Band zerreißt, bald sind
Verklungen ihre letzten Botenlieder;
Sie finden erst im dunklen Meer sich wieder.
Im Winter
Ich wandre durch das Schneegefild
Dahin mit flinkem Schritt,
Und immer zieht des Winters Bild
Auf allen Wegen mit.
Ich eile vorwärts ohne Rast,
Es treibt mich fort, ich muß
Forteilen; es umhüllen fast
Die Flocken meinen Fuß.
Wie anders werd ich mich ergehn,
Wie froh auf diesem Pfad,
Wenn einst des Frühlings laues Wehn
Der Gegend wieder naht.
Dann hebt das blasse Grabgestein
Sich auf der Flur empor,
Und neu erstandne Blümelein
Gehn aus der Gruft hervor.
Wenn sich ein Haupt im Alter beugt
Vor seines Winters Hauch,
Auf einem solchen Haupte zeigt
Das Schneegeflock sich auch.
Des Lebens ganze Herrlichkeit
Hüllt solch ein Schleier ein;
Es wird doch unter diesem Kleid
Wohl auch ein Frühling sein?
Am Bache
Durchsichtig und klar und helle,
Gleich dem Kristalle rein,
Erzittert und blinkt die Welle
Im Frühlingsonnenschein.
Die Wasser, sie kommen gezogen,
Sie enteilen sobald dem Blick;
Doch es bleiben am Grunde der Wogen
Beharrlich die Steine zurück.
Im ewigen Finden und Scheiden
Vergleich ich dem Bache das Herz;
O wären nur Steine die Freuden,
Eine flüchtige Welle der Schmerz.
Feldgang
Es schlägt vor mir und hinter mir
Das hohe Getreide zusammen,
So wie auf einem wirtlichen Herd
Die goldnen luftigen Flammen.
Ich rudre durch das reiche Feld
Der dichten, üppigen Ähren,
Als ob ich ein leichter Schifferkahn,
Sie aber Wellen wären.
Dort eilt ein Wolkenschatten, gejagt
Vom Wind, fort über die Felder,
So wie ein scheues, flüchtiges Reh,
Von Jägern verfolgt, durch die Wälder.
Und neue Schatten seh ich nun
Mir nahe vorüberschweben,
Und alle Schatten sind ringsum
Vom Sonnenschein umgeben.
Die Schatten, — sie sind, damit sich das Aug
Am Lichte noch mehr entzücke,
Im schönen, heiteren Leben der Saat
Die düsteren Augenblicke.
An die Sonne
Fern tönt aus der Waldkapelle
Der Abendglocke Schall,
Es weilt an des Tages Schwelle
Der Sonne goldner Ball.
Die letzten Strahlen, sie scheiden,
Die nach den Bergen sie warf;
Manch Sternlein fragt bescheiden,
Ob es schon leuchten darf.
Die ruhige Luft erfüllet
Der Dämmrung schwaches Licht;
Kein trüber Nebel verhüllet
Beim Scheiden dein Angesicht:
Dein brechendes Auge winket
Uns heiter in stiller Ruh;
Wie gar so selten versinket
Ein Leben, o Sonne, wie du.
Aussicht
Aus des Dickichts schwarzem Dunkel,
Das Natur den Vögeln flicht,
Tret ich sinnend, manches träumend,
In des Waldes Dämmerlicht.
Unter meinen Füßen rauschet
Welkes, totes, fahles Laub,
Das der letzte Herbst den Bäumen
Abgeschüttelt sich als Raub.
Durch der Äste schwarz Gegitter
Seh ich nun des Himmels Schild,
Und darunter sonnbeglänzet
Einer Landschaft freundlich Bild. —
Also sehn wir gläubig hoffend
Uns der Trauer dunklem Hain
In die holde, schöne Landschaft,
In der Zukunft Sonnenschein.
Der Heimatlose
Es war mir zu eng im Vaterland,
Ich verließ mein väterlich Haus;
Ich nahm den Wanderstab in die Hand
Und zog in die Fremde hinaus.
Ich wandert und kreuzte hin und her,
Viele Länder hatt ich durchzogen,
Ich war auf des Lebens beweglichem Meer
Eine Tonne auf flüchtigen Wogen.
Es trieb mich von einem zum andern Ort
Meines glühenden Dranges Geschick,
Von Westen nach Ost, von Süden nach Nord;
Ich fand nirgends ein bleibendes Glück.
Und sah ich von fern einen leuchtenden Turm
Die erzitternden Wasser erhellen,
Fort riß mich stets mein innerer Sturm
In die Welt, hinaus auf die Wellen.
Wie die Lüfte des Frühlings durchziehn die Nacht,
So durchwehte die Sehnsucht mein Herz;
Aus dem Traum, aus dem Wahn fühlt ich mich erwacht
Und ich wanderte heimatwärts.
Nun steig ich herab von der Berge Rand,
In die heimischen Täler hernieder;
Ich weiß es, ich bin schon im Vaterland;
Das Verlorne, kaum kenn ich es wieder.
Ich suche das teure Vaterland,
Das einst ich als Jüngling verließ,
Das als eilendes Wolkenbild mir entschwand,
Meiner Kindheit Paradies.
Nun such' ich fruchtlos auf Erden hier
Die Heimat, die Wiege des Lebens. —
Trägst du sie nicht selber im Herzen bei dir,
So suchst du sie außen vergebens.
Wanderlied
Was ihr Vaterland nennt, das kenn' ich nicht,
Was ihr Heimat nennt, ist ein schön Gedicht;
Ich gönn' euch die Freude, doch laßt mich dafür
Bald dorten weilen, bald wieder hier.
Ihr bleibt gern sitzen auf einem Fleck,
Mich treibt es nach Kurzem überall weg.
Ich geh die Welt ein und aus,
Wo Menschen sind, da bin ich zu Haus.
Ihr fragt mich, wo ich geboren sei,
Wollt wissen die Henne zu jedem Ei;
Ich ward geboren im weiten Meer
Und heiße Mensch, was wollt ihr noch mehr?
Die ganze Erd ist mein Heimatland,
Und überall reich' ich den Brüdern die Hand
Ich wandre die Welt ein und aus
Wo Menschen sind, da bin ich zu Haus.
Pocht einstens der alte Knochenmann
An meiner Herberg höflich an,
In seiner schlotternden Klapperhand
Die Uhr mit abgelaufenem Sand,
Und heißt er mich mit auf die Wandrung gehn,
So sei's, das Land hab' ich noch nicht gesehn;
Ich wandre die Welt ein und aus,
Wo es Brüder gibt, da bin ich zu Haus.
Trübe Stimmung
Frühling, deine Gesänge starben,
Und es folgen dir getreu
Deine Blüten und deine Farben;
Alles, alles rauscht vorbei.
Und so entflieht auch jede Freude,
Meiner Jugend herrlicher Mai,
Wie ein Sturmwind über der Heide,
Alles, alles rauscht vorbei.
Beim Wein
Nur einmal schwebt der Lenz im Jahr
Vom blauen Himmelsaale
Mit seinem goldnen Lockenhaar
Hernieder in die Tale.
Der Jugend Lenz, so reich an Lust,
Voll Blumenglanz, voll Lieder,
Erquickt nur einmal eure Brust
Dann kehrt er niemals wieder.
Der Reben glühnder Zaubersaft
Durch sein allmächtig Walten
Vermag mit unsichtbarer Kraft
Die Stunden festzuhalten.
Das Alter macht er wieder jung,
Das bleiches Haar umschlinget,
Wenn fröhlich voll Begeisterung
Die Hand den Becher schwinget.
Stoßt an die Gläser, voll mit Wein,
Schaut durch das Glas ins Leben;
Trinkt aus, bald wird uns hell und rein
Ein neuer Lenz umgeben.
Es schweben aus des Weines Glut
Die Geister sel'ger Stunden.
Und Wonnen tauchen aus der Flut,
Die wir noch nie empfunden.
Wir preisen deine Seligkeit,
Du Herzensjungerhalter,
Du hältst in uns die Jugendzeit
Gebannt, den flüchtgen Falter.
Der Freude frischer Mut entbraust
Dir, goldner Saft der Reben,
In deiner Wellen Tiefe haust
Ein ewges Frühlingsleben.
Versöhnung
Hat täuschend mich ein Traum umhüllet?
Kann diese Freude Wahrheit sein?
Ist nun mein höchster Wunsch erfüllet?
Geliebte, bist du wieder mein?
Ich habe wieder dich gefunden,
Du reichst dem Liebenden die Hand,
Und knüpfest nach der Trennung Stunden
Aufs Neue das zerrißne Band.
Ich halt dich glühend in den Armen,
Als meines Lebens höchstes Glück;
Und wieder kann mein Herz erwarmen
An deiner Augen Sonnenblick.
Heimweh
O Heimat, du mein Himmel, o Heimat, du mein Glück,
Wann führen mich die Wege zu dir, zu dir zurück?
Wann seh ich wieder die Gemse? wann hör ich der Büchse Knall
In Schluchten und in Höhen im krachenden Widerhall?
O Heimat, meine Heimat, wild donnernder Felsenbach,
Ihr Gletscher, ihr Herdenglocken, ihr Triften, du steinern Dach,
Wann führt zu euch mich wieder, zu euch der irre Weg,
Ihr Hütten, o ihr Täler, du zitternd wankender Steg?
Es ziehen meine Blicke die Luft durchwandernd hinaus,
Sie suchen als irre Schiffer heimkehrend das Vaterhaus
Erreichen der Grenzgebirge luftigen, steilen Rand
Und stürzen, ach! gebrandet, zurück vom grausamen Strand.
Vom Scheiden
Jüngst schied ein teurer Freund von mir;
Lang gingen wir selbander;
Wie gar so glücklich waren wir,
Wir beide mit einander.
Ich drückt die Hand ihm traurig bang,
Als ging er mir verloren;
Des Posthorns heller Ton erklang
So trüb mir in den Ohren.
Da dacht ich tief in meiner Brust,
Bei schnellem Schlag im Herzen:
Bezahlen mußt du jede Lust,
Bezahlen schwer mit Schmerzen.
Ward nie dein Auge tränenvoll,
Wärst freudlos du geblieben; —
Wer nie sich trennen will, der soll
Auf Erden niemand lieben.
Letzter Wunsch
Von der Krankheit Netz umfangen
War ich einst, die Blicke sahn
Müd und matt mit düsterm Bangen
Schon die letzte Stunde nahn.
Und die Augen wurden trüber,
Sahen starr und still hinaus,
Sahn hinauf und sahn hinüber,
Stürzen fühlt' ich schon das Haus.
Von den freundlichen und milden
Wünschen tief in meiner Brust,
Blieb mir aus den Traumgebilden
Einer klar und hell bewußt;
Daß uns ein Gedächtnis bliebe,
Wenn die Welt dem Blick entschwand,
Ein Gedächtnis all der Liebe,
Die das Herz im Leben fand.
Das Herz
Unser Herz, mit seinem Hoffen
An geheimen Wünschen reich,
Mit den tausend zarten Keimen,
Ist es nicht der Rose gleich?
Und ein froher Knab zerpflücket
Diese Ros in wilder Lust
Und die Welt, sie ist der Knabe,
Der so grausam unbewußt.
Irrung
Dort flattert herab vom Baume
Ein ganzer Vögelzug,
Die sind erst flügge geworden
Versuchen den ersten Flug.
Nun näher gekommen, seh ich,
Mein Aug, es irrte sich sehr
Es flog vom herbstlichen Baume
Ein welkes Blätterheer.
Schon lang sind fortgezogen
Die Vögel südenwärts;
Wie täuscht sich doch das Auge,
Träumt von dem Frühling das Herz.
Mahnung
Fort von den Büchern! ruft der Frühlingstag,
Gefangner, geh, verlaß dein enges Zimmer,
Erquicke dich am Duft, am Lerchenschlag;
Ein solcher Tag, wie ich, er kommt nicht immer.
Gehorch dem Ruf! Bald naht die heiße Glut
Und sengt mit Sonnenstrahlen deinen Scheitel,
Die ganze Luft, sie wird zur Feuerflut,
Und deine Sehnsucht nach dem Lenz ist eitel.
Wirf zu die Bücher! Horch dem Lerchenschlag,
Laß an dem Grün sich Aug' und Herz erheben,
Ich bin vielleicht der letzte Frühlingstag
Von diesem Jahr und auch von deinem Leben.
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