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XI.
Gnomen und Distichen

 

Buchzeichen Über eine Uhr Über ein Schreibzeug

Gnomen Distichen zum nachschlagen!

1.
Buchzeichen
                         a. Zu Gedichten

Der lichte Stern, — geahnt — ersehnt, — errungen nie,
Der süße Trost der Erdennacht, heißt: Poesie.

Zarte Geister, froh gesellt,
Bau'n dir eine schön're Welt.

Halb Gedachtes, kaum Gespürtes,
Ausgesprochen, amüsiert es.

Des Seelenfrühlings Blüte
Zart und leichtVom Geiste dem Gemüte,
Dargereicht.

Ein Spiegel, der, was du geheim geliebt,
In holdverschwommnen Zügen wiedergibt,
Der Dichtung Quell ist's, der verklärend malt,
Selbst Schmerz und Qual als Schönheit widerstrahlt.

Erwarte nicht zu viel! — jetzt sind Gedichte:
Ein Stückchen Politik, Skandal, Parteigeschichte,
Ein Maskenscherz, ein eingelernter Zorn,
Ein Stoß — in Hüons nicht, — nein, in des Tages Horn.

                         b. zu Geschichtswerken

Es wirkt der Mensch, er strebt und denkt:
Doch eine höh're Weisheit lenkt.

Wenn du die menschlichen Geschicke dir betrachtest,
Hast du des Ew'gen Finger, der sie sührt, beachtet?

Was sagt das Buch, das Clio dir erschloß?
Aus jeder Seite: Gott ist gut, ist groß!

                         c. zu politischen Schriften

Viel einzle Stimmen! Jede nimmt den Schein,
Die Stimme der gesamten Welt zu sein.

Ach welch ein Lärm und Wirrwarr, bunt und kraus!
Und doch muß unsre Zukunft da heraus.

Die heftigen Debatten und Berichte:
Das Knistern sind sie unter'm Kessel der Geschichte.

Es drängen, hadern und drohen die Massen, —
Sie müssen die Erde doch stehen lassen.

Nicht ob es glänzt, nicht ob es brausend gärt,
Es frägt sich: ob es währt.

                         d. zu Reisewerken

Frisch durch die Welt! die Phantasie reist schnelle.
So schnell trägt kein Bapor dich über Land und Welle.

Du sollst dich gar nicht vom Sofa müh'n!
Die ganze Welt wird still an dir vorüber,zieh'n.

Der Mantel Faust's! wenn's dir gefällt,
Trägt er dich durch die ganze Welt.

Hier und dort, fern und nah!
Du sollst hören, was ich sah.

Die Erde breit' ich vor dir aus,
Bau dir nun wo du willst dein Haus.

Nichts ist zu fern und Nichts zu schwer,
Dich zu ergötzen schlepp' ich's her.

Sonst ward nach Sitt' und Wunder jedes Land's gefragt;
Jetzt nur nach dem, was der und der gesagt,
Nach seiner Kleidung, seinem Trinken, Essen; —
Die schmutz'ge Wäsche ja nicht zu vergessen!

                         e. zu Romanen

Ist's auch nicht wahr, doch möglich wär's gewesen
Und wär's das nicht — so laß es ungelesen.

Ach, Held und Heldin sind zu liebe Leute!
Man denkt sich gern an seinen Platz, an ihre Seite.

Flatt're Falter um's glänzende Licht:
Aber versenge die Flügel dir nicht!

Macht dir's der Dichter gar zu kraus,
Du hauchst, — da liegt sein Kartenhaus!

O glaube nicht, daß du beraten bist,
Wenn deine Neugier nur den Ausgang liest;
Denn ist er, wie er sein soll, der Roman,
Fängt mit dem Anfang schon das Ende an.

Romane, Spiele sonst, und rührende Gedichte,
Sind jetzt: Philosophie, Politik und Geschichte;
In ihnen wird, in der Novelle, laut:
Was unsre Zeit enthält, gebiert und baut.

                         f. zu philosophischen Werken

Es strebt der Mensch die Wahrheit zu ergründen;
Je mehr er forscht, je mehr sieht er sie schwinden.
Doch wenn die Wahrheit auch stets unerreicht entschwebt,
Wahrheiten findet doch, der redlich nach ihr strebt.

Die Welt, das All und Gott, wie er's erschafft,
Wirst du wohl nimmer seh'n, doch deine eigne Kraft.

Die dein Gefühl bestätiget, die Gedanken nur halte.
Die Gefühle nur fest, die dein Gedanke bewährt.

Des Lebens Rätsel sucht der Mensch zu deuten:
Den eignen Geist wird forschend er erbeuten.

Ja es herrschet der Geist! und daß er auch wirklich der Herr sei:
Baut er sich selber die Welt, Schöpfer und Lenker zugleich.

Es schöpft der Mensch in der Gedanken Reich,
Dem Kind am Meere mit der Muschel gleich;
Doch war's der Herr nicht selbst, bedenke dies,
Der Kindern grad' sein himmlisch Reich verhieß?

2.
Über eine Uhr
Mit den Emblemen
von Gestern, Heute und Morgen.

Lerne vom Gestern, genieße das Heut', doch denke an Morgen:
Heute herrschet, doch schnell wird ja das Morgen zum Heut'.

Wirke nur heute mit Lust! errungen hast du dann Alles;
Gestern: das Heute das war, Morgen: das Heute das wird.

Rose wechselt mit Dorn, so heut', wie gestern und morgen;
Pflege die knospende heut', daß sie dir morgen erblüht.

3.
Über ein Schreibzeug
Mit den Emblemen
der guten und bösen Stunden.

Freudige sendet der Herr und ernste Stunden für Jeden;
Doch ob beiden hält schirmend sein Engel die Hand.

Sei der ernsten Stunde, gleichwie der frohen gewärtig;
Nur die Stunde der Qual halte ein Engel dir fern.

Brich in der Stunde der Lust mit Vorsicht die duftige Rose,
Daß in der düstern nicht rächend dich treffe ihr Dorn.

Stunden der Trauer und Lust, willkommen, ihr himmlischen Schwestern!
Ob ihr beglückt oder prüft, — schickt euch doch beide der Herr.

Sei dir die ernste Stunde, wie die der Freude gesegnet!
Da sie der Engel in dir beide dem Ewigen weiht.