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Was sind Xenien?

Xenien und Sinngedichte

 

Beim Reichsfriedens-Schluß


Einst war's der deutschen Väter hoher Ruhm,
Den Tod für's Vaterland zu sterben;
Jetzt tummeln ihre Sohne sich herum,
Beim Tod des Vaterlands zu erben.

Auf Nelson's Tod

Der Tod, der ihn schon oft dem Erdkreis rauben wollte,
Trat immer scheu vor ihm zurück;
Zuletzt besann er sich zur List, und holte
Den Helden Stück für Stück.


An den Doctor X.

Wer immer zum Vertreter dich begehrt,
Ist klagend, wie beklagt, beklagenswert.

An Lotte P.

Nur ein Mal sah ich dich! Ein Augenblick
Schloß mir den Himmel auf, und dann auf ewig zu.
Nur ein Mal! Viel zu selten für mein Glück!
Nur ein Mal! Viel zu oft für meine Ruh'!


Auf das Grab eines Kindes
1816

Die Rose liegt entblättert,
Der Geist flog auf zum Licht;
Die Laute ist zerschmettert,
Der Lautenschläger nicht.

Franke und Brite
1798

Was ficht mich Frank' und Brite an,
Und was ihr Krieg? Um aufrichtig zu sein:
Den einen wünsch' ich in den Rhein,
Den andern in den Ozean!


Mein Arzt
1827

Er kam, als ich schwer krank darnieder lag,
Er kam und sah und — Heil mir! ich genas;
Allein was halfs? Als ich das Konto las,
Da rührte mich der Schlag.


Aufforderung
1827

Wer vollführt das Geschäft? Es gilt was Gewaltiges, Großes!
Geist bedarf es und Mut! Männer Europa's, wer wagt's?
Deutsche, wenn edel und groß ist das Ziel; wenn's glänzt, der Franzose;
Trägt's Interessen, ei nun, dann ist der Brite dabei.

Der Melancholikus
1815

"Auf dir, o Erde! wird für meine Wunden
Kein Balsam, sie zu heilen, mehr gefunden,
Drum sehn' ich mich hinab in deinen Schoß!"
Rief Storr, und ging — auf seinen Keller los.

An die Freundschaft
1804

O Freundschaft! dein Altar wird stets mit neuen Scharen
Von Gläubigen umströmt;
Wie unterscheidest du die Falschen von den Wahren?
"So bald's zum Opfern kömmt."

Memento
1811

Kein sterblich Haupt, — sei's unterm Diademe,
Sei's unterm Hirtenhut, — es frevle nicht!
Früh oder spät hält Nemesis Gericht,
Und weckt dem Sünder in der Brust die Fehme!

Als Schiller Herr von Schiller ward

Du hochgeborner Musensohn,
Du souveräner Fürst am Helikon,
Du an Apollo's Thron
Erzmarschall, Bannerherr und Reichsbaron,
Du jetzt —— H e r r  v o n?


Das Veilchen
Nach dem Französischen

Anspruchlos an Farb' und Wohnung,
Berg' ich furchtsam mich in's Gras,
Doch erblickt' ich einst, o Freude!
Mich als Schmuck in Röschens Haar, —
Erst die schüchternste der Blumen,
Würd' ich dann die stolzeste!

Der Tau

Siehe! von Eos Hand gesät auf Wiesen und Auen,
Schimmern Perlen und Gold, glänzt Diamant und Rubin,
Treibt sein schnaubend Gespann der Gott zum Scheitel der Bahne,
Trinkt er den perlenden Tau, kühlet die glühende Stirn;
Doch von der plumpen Hand des gierigen Menschen betastet,
Schwinden die Perlen, es wird schmutziges Wasser daraus.

Die Doppelverwandtschaft
1825

Mensch, sei stolz, dein unsterblicher Geist entstammet den Göttern;
Sei demütig, dein Leib ist ein Verwandter des Tiers!
Also walte, daß nicht im Hause die schlechtere Sippschaft
Frech gebiete, und ihr diene die bess're als Magd!

An Lina
1792
Als sie mich bat, sie Geographie zu lehren.

Was forderst du von mir?
Du willst von mir in fremden Fernen
Der Stadt' und Länder Namen lernen,
Und weißt es doch, wenn ich bei dir,
Wenn du an meiner Seite bist,
Wie oft mein freudetrunkner Sinn
Den Namen von d e r Stadt vergißt,
In der ich wirklich bin!


Sylvius
1828

Rivale machen viel Verdruß!
Um leicht und ohne Zank und Waffen
Die Burschen sich vom Hals zu schaffen,
Wählt Sylvius
Das beste Mittel, das es gibt,
Da er sich in sich selbst verliebt.

Auf den Tod eines Grammatikus
1792
Nach dem Lateinischen

All sein Leben hatt' er — nun gelernt, dann gelehret Grammatik,
Dennoch konnte zuletzt er nicht abändern das Grab.

Die Schuld von Müllner

Daß ich die Schuld mit höh'rer Lust gesehen,
Als manche Unschuld — gern will ich's gestehen,
Und meine Sehnsucht obendrein,
Ein Schuldner solcher Schuld zu sein!

Doris
1828

Doris mahnt an Berenice;
D i e versetzte ihre Haare
In den Himmel, — Doris, klüger,
Ihre Perlen — in's Versatzamt.

Die Donau in * * *
1828

Ach, wie ihnen der Spieß am Herd der Fajaken ein Gräu'l ist!
Wie sie mit wässerndem Mund schnuppern am Bratengeruch!
Ihre Xenien all, ich wette, sie gäben sie gern hin:
Lüde beim Sonntagsschmaus sie der Fajate zu Gast!


Das ungleiche Brautpaar
1828

Sechs Fuß sie und er fünf? Ein drolliges Distichon sind sie;
Ihr, dem Hexameter, hinkt er als Pentameter nach.

Recht und Unrecht

Der Sohn Tarquins entehrt Lucretien durch Verrat, —
Ei, das war schlecht!
Das mußte Brutus rächen!
Doch was Kain-Romulus in seiner neuen Stadt
An den Sabinerinnen tat, —
Ei, das war recht!
Die brauchten sich nicht zu erstechen!

Goethe

Dichterkönig, du prägst des Goldes in Fülle, daneben
Kupfermünze genug, aber auf allen dein Bild.

Klage

Huldvoll hast du das Herz dem Sänger, o Muse, beweget,
Aber du hast ihm den Mund nicht mit dem Finger berührt!

Major Thaler's Nachlaß

Warum bei ihm sich nichts zu schätzen fand?
Der Grund ist klar;
Des Mannes ganzer Schatz bestand
In Wunden für das Vaterland,
Und die sind unschätzbar.

Gott suchen

Du suchest Gott, suchst hoch ihn über'n Sternen,
Wo nie ein Dollond ihn erreicht?
Dein Herz muß demutsvoll, dein Aug', von Tränen feucht,
Muß Gott, im Staub anbetend, suchen lernen,
Dann find'st du ihn vielleicht.


Leiden

Leid' ich und schweige, so trag' ich, was mein,
Ehrlich allein;
Leid' ich und jamm're, so lad' ich zur Pein
Gäste mir ein.