weiter
nächster Gedichtband

zurück
 

Gedichte 2
 

An die heutige Kritik
Der Zufriedene
Ermunterung zur Arbeit
Auf eine Rasenbank
An einen moldauischen Bojaren
Dithyrambe
Siegeslied
Lied einer jungen Ehefrau
Der Bär und die Krähe
Der beruhigte Geliebte
Amor und der Tod
An einen Rangsüchtigen
Auf ein schlechtes Gemälde
Parodie
Der ketzerische Dorfjunge
Fastenlied
Das beängstigte Kammermädchen

 

An die heutige Kritik

Wien im Brachmond 1782

Ausgeartete, die, gleich dem Wetterhahne,
Jeder Windstoß hin und wieder weht,
Die, gleich einem lecken Schifferkahne,
Keiner Woge widersteht!

Einst der Weisheit Magd, nun jedes Knaben Dirne,
Dessen Steiß noch heut die Rute fühlt,
Und der morgen mit verwegner Stirne
Schon Minervens Priester spielt!

Sprich! soll lange noch dein toller Unfug währen?
Stürzt noch lange deiner Schüler Troß
Schlau vermummt auf Männer, die wir ehren,
Gleich Banditen, rücklings los?

Törin! soll der Mann des Nachruhms edle Krone
Von der Gunst des Knaben sich erflehn?
Soll er knechtisch vor dem Richterthrone
Eines jungen Mietlings stehn?

Ziemt es Lehrlingen, mit Männerruhm zu spielen,
Wie und wann es sie gelüstet? . . . Nein!
Stürzt die Afterrichter von den Stühlen,
Die Vernunft und Recht entweihn!

Denn wo Knaben dreist verdammen und begnaden,
Und ein Jünger sich erfrechen kann,
Seinen Meister vor Gericht zu laden,
Da erscheint kein braver Mann.


Der Zufriedene
Wien im Heumond 1782

Eia! mir ist wohl hienieden:
Gäb's auch eine beßre Welt,
Sei's! ich bin mit der zufrieden,
Wenn sie manchem auch mißfällt.

Ich bin reicher, als ein König;
Denn mein Herz bedarf nicht viel.
Ich besorg' und hoffe wenig.
Von des Glückes Gaukelspiel.

Knechtisch geizt nach Ordensbändern
Mancher hocherlauchte Tor:
Ruhig durch die Welt zu schlendern,
Zieh' ich allen Würden vor.

Froh genieß' ich jede Gabe,
Die der Zufall mir beschert:
Aber nichts, was ich nicht habe,
Scheint mir drum beneidenswert.

Geht kein Weib mit mir zu Bette,
Hm! man schläft ja auch allein:
Fehlt mir Wein an jeder Stätte
Lädt ein frischer Quell mich ein.

Reichtum, Geld und Gut sind eitel;
Adam, Seth und Abraham
Lebten ohne Geld im Beutel
Dennoch frei von Sorg' und Gram.

Sagt, was nützte mir auch alles,
Was der Perser Schach besitzt?
Selbst als Herr des Erdenballes
Wär' ich froher nicht, als jetzt.

Kaum der Himmel, dessen Pforte
Alle Freuden in sich schließt,
Reizt mich, da an jedem Orte,
Wo ich bin, der Himmel ist.


Ermunterung zur Arbeit
für Brüder Freimaurer
Wien im März 1783

Brüder, laßt mit frohem Mut
Uns die Arbeit nun beginnen!
Denn der Zeiten rasche Flut
Soll uns nicht umsonst verrinnen.
Singt mit freudigem Gefühl:
Arbeit ist des Maurers Ziel.

Diese Schürz' und Kelle hier
Dienen nicht, uns bloß zu zieren,
Dienen uns, o Tugend, dir
Einen Tempel aufzuführen:
Drum, ihr lieben Brüder, seid
Stets zu diesem Bau bereit!

Arbeit ist das stärkste Glied
An der Kette dieses Lebens:
Jede leere Stunde flieht
Wie ein Traum, und ist vergebens.
Arbeit ist des Menschen Pflicht;
Wer nicht säet, erntet nicht.


Auf eine Rasenbank
Nach dem Französischen des Chevalier Parny
Wien im April 1783

Lieblichste von allen Blumenstätten,
Thron der Luft, erbaut von Amoretten,
Opferherd der Liebeskönigin!
Mit Entzücken, o geweihte Stelle,
Wall' ich Tag für Tag zu jener Quelle
Grünem Rand, dich zu betauen, hin.

Du gewährst mir, wenn ich manches süße
Stündchen hier in Klärchens Arm genieße,
Treue Dienste, holde Rasenbank!
Wenn der heiße Mittag flammt, so schwinge
Zephyr sich herab zu dir, und bringe
Angenehme Kühlung dir zum Dank.

Schmiege sanft, o üppig Grün, dich nieder
Unter Klärchens Reiz, doch hebe wieder
Dich empor nach süßgepflogner Ruh'.
Laß den Spähern, die mein Glück beneiden,
Keine Spuren unsrer süßen Freuden!
Niemand wisse sie, als wir und du!

An einen moldauischen Bojaren
Czernowiz in der Bukowina im Sommermond 1783

Du schiltst, und sagst, ein Fremder sei
Der Vater deines Sohns. Ei, ei!
Wie kannst du doch hierüber schmähen?
Dein Zorn ist ungerecht; ihr Herrn
Bojaren erntet sonst ja gern,
Was andre säen.


Dithyrambe
Gedichtform
auf die Einweihung einer neuerbauten Wein-Schenke
Wien im Jäner 1784

Auf, Brüder, kränzt mit Epheu die Perücken
Und das Toppee,
Und jauchzt, Bachanten gleich, mit trunkenem Entzücken:
O Evan Evoe!

Tischt Gläser auf wie Mörser und Karthaunen
Für jedermann,
Und kündigt allen Hühnern, Enten und Kapaunen
Das Todesurteil an!

Und ihr, Amphions kunsterfahrne Schüler,
Die ihr von Haus
Zu Hause klimpernd zieht, zerlumpte Lautenspieler,
Verherrlicht unsern Schmaus!

Denn heute weihen wir dem Gott der Reben
Dies Heiligtum:
Schon funkeln hundert goldne Lampen. Seht, sie schweben,
Von Hand zu Hand herum.

Komm, Vater Bacchus! eine Nektartonne
Sei dein Altar:
Entzückt bringt unser Schwarm im Taumel seiner Wonne
Dir täglich Opfer dar.

Zum Hohenpriester sei der Wirt erkoren;
Sein Domherrnbauch
Ist stadtberüchtigt: Kupfernas' und lange Ohren
Gab die Natur ihm auch.


Ja selbst als Wundertäter ist er, Brüder!
Uns schon bewährt;
Hat er nicht oft genug uns Birnenmost und Cider
In reinen Wein verkehrt?

Wenn du nicht noch vom letzten Göttermahle
Halbtaumelnd bist,
So sieh, Gott Liber! wie aus schäumendem Pokale
Der Opferwein hier fließt.

Gib, wie dem König Midas, unsern Renten
Ein gut Gedeihn,
So wollen wir mit Lust von unserm Gut den Zehnten
Stets diesem Tempel weihn.

Wir wollen ihn zum Wallfahrtsorte wählen:
Nie sei er leer,
Und jeder Murrkopf, den Verdruß und Kummer quälen,
Verlobe sich hierher!

Siegeslied
Nach Ovids zwölftem Gedicht m zweiten Buch seiner Liebeslieder
Wien im Weinmond 1784

Schlingt Lorbeern um mein Haupt! Triumph! Triumph! o Freunde!
   Korinn' ergibt des Siegers Armen sich:
Umsonst vereinigten sich alle meine Feinde,
   Sich Gatte, Schloß und Wächter wider mich.

Es töne doppelt laut des Ruhmes Siegstrompete!
   Denn meine Beut' ist unbefleckt von Blut:
Nicht einen schwachen Wall, nicht unhaltbare Städte,
   Ein stattlich Weib bezwang mein Heldenmut.

Als einst im zehnten Jahr die Stadt der Dardaniden
   Ein banger Raub der Griechen wurde, schrieb
Der Ruf so Vielen Lob und Preis zu, daß Atriden
   Für seinen Teil nur wenig Ehre blieb.

Mir bleiben meines Siegs Verdienste ganz; nicht Einer
   Nahm hilfreich Teil an meinem Heldenstreich:
Ich kämpft' und siegt' allein, war Feldherr und Gemeiner,
   War Füsilier und Kürassier zugleich.

Mein Sieg ist nicht das Werk des Zufalls einer Stunde,
   Ich überwand durch Geistesgegenwart:
Mein Unternehmen ist nicht Neuerung; die Kunde
   Der Vorzeit strotzt von Fehden dieser Art.

Als Tyndars Tochter einst mit Paris floh, gerieten
   Europa nicht und Asien in Streit?
Ward nicht ein rauher Schwarm Centauren und Lapithen
   Einst durch ein Weib beim Trinkgelag entzweit?

Ein Weib riß das Gefolg Äneens in des milden
   Latins Gebiet zu neuen Kämpfen hin:
Des Weibes Reiz bewog Roms Stifter, sich den wilden
   Verwegnen Grimm der Schwäger zuzuziehn.

Oft reizt die blendende milchfarbne Kuh, zur süßen
   Begattung reif, die Bullen zum Turnier:
Seht! so erhob auch ich, doch ohne Blutvergießen,
   Auf Amors Wink der Liebe Kriegspanier.

 
Lied einer jungen Ehefrau
Nach dem Englischen
Wien im April 1785

Lang warb Alcid um meine Gunst.
Mein Herz zwar schlug ihm laut entgegen:
Allein vertraut mit Amors Kunst,
Tat ich verschämt, wie Mädchen pflegen.
Wenn er mir schmachtend Liebe schwur,
War ich zum Schein zerstreut und flüchtig,
Und wagt' er auch ein Küßchen nur,
So hieß es: junger Herr, hübsch züchtig!

Vergebens hört' ich ihn betrübt
Dem Schicksal meine Härte klagen;
Denn wenn man noch so feurig liebt,
Man darf's aus Sittsamkeit nicht sagen.
Bat er oft gar zu ungestüm
Um dies und das, so scholt ich tüchtig
Ihn aus, und gab halblächelnd ihm
Die Lehre: junger Herr, hübsch züchtig!

Doch allgemach erhielt Alcid
Mein Herz, nach dem er lang gegeizet.
Ach aber welch ein Unterschied!
Seit uns der Priester traute, reizet
Ihn auch die höchste Gunst nicht sehr,
Und sonst war ihm ein Blick schon wichtig.
Nun sträub' ich mich gewiß nicht mehr;
Denn jetzt ist er nur allzuzüchtig.

Der Bär und die Krähe
Wien im Heumond 1785

Ein alter Bär, den die Musik
Des Jagdhorns einst aus seinem Walde jagte,
Erholte nach und nach sich von der Angst, und wagte
Hübsch sachte sich nach seinem Hain zurück.

Bei seiner Ankunft war die erste seiner Sorgen,
Sich nach dem Eichbaum umzusehn,
In dessen hohlem Bauch er sich beim kalten Wehn
Des Wintersturmes oft verborgen.
Als er der Eiche nahe kam,
Entdeckt' er mit Verdruß und Gram
Auf einem Zweig ein Nest voll junger Krähen.
Du Metze! fing er flugs die Mutter an zu schmähen,
Was hast du hier auf meinem Baum zu tun?
Fort! packe dich von dannen ohne Zaudern!
Denn deiner Fratzen stetes plaudern
Und zwitschern ließe mich den ganzen Tag nicht ruhn,
Und falls mich auch ihr Lärm nicht molestierte,
So müßt' ich stets in Sorgen sein,
Ob deine junge Brut nicht etwan obendrein
Mir auf den Kopf herab hofierte.

Der Bär schloß seine Rede kaum,
So fing die alte Kräh' ihr Recht auf diesen Baum
Durch manchen Grund vor Meister Petzen
Weitläufig an in's Licht zu setzen.
Doch der erboste Bär vertrug
Nicht gerne Widerspruch. Er kletterte die Eiche
Hinan mit Brummen, und erschlug
Die junge Brut mit einem Streiche.

Gespornt von Wut und Rachbegier,
Flog Mutter Krähe nun zum Jäger, und entdeckte
Ihm das verwilderte Revier,
Wo sich der alte Bär versteckte.
Der Jäger wandert' alsobald
Mit seinen Doggen in den Wald,
Und fand den armen Petz in seines Baumes Lücke.
Vergebens sucht der Bär dem Tode zu entfliehn:
Die tapfern Hunde fassen ihn
Erbarmungslos bei der Perücke.

Vertrage dich mit jedermann,
Um niemands Haß auf dich zu laden;
Denn wer dir auch nicht nützen kann,
Kann doch in manchem Fall dir schaden.

Der beruhigte Geliebte
Nach dem Lateinischen des Joannes Secundus
Wien im Sommermond 1785

Weil ich, ein Feind von heuchlerischem Zwang,
Mein trunknes Herz der Liebe süßem Hang,
Den Regungen des Blutes überlasse,
Weiht man mich laut dem allgemeinen Hasse:
Es feindet mich der düstre Murrkopf an,
Weil sich dem Ernst der steifen Urgroßväter
Mein freier Sinn nicht sklavisch fügen kann,
Und fliehet mich gleich einem Missetäter.
Wie? soll ich wohl, wenn ich mit heißem Arm
Den Schwanenhals Amaliens umschlinge,
Und so vor Lust halb mit dem Tode ringe,
Voll Ängstlichkeit mich kümmern, ob der Schwarm
Milzsüchtiger und finstrer Sauertöpfe
Nichts arges denkt? Ihr albernen Geschöpfe!
Wie könnt' ich das? An meiner Trauten Brust
Macht Wonne mich mir selber unbewußt.

Mit Lächeln hört' Amalie mich jammern.
Und hurtig kam sie auf mich zugerannt
Gleich einem Reh, mit ihrer Lilienhand
Sich an den Hals des Klagenden zu klammern.
Dann folgt' ein Kuß, so süß, so wonnevoll,
Als einer je zur feierlichen Stunde
Geheimer Nacht aus Cypris Nektarmunde,
O Kriegesgott! auf deine Lippen quoll.
Was fürchtest du, sprach sie voll Huld, die strenge
Gerichtsbarkeit der unbiegsamen Menge?
Sei gutes Muts! mein Tribunal allein
Hast du, o Freund, in diesem Fall zu scheun.

Amor und der Tod
Nach dem Lateinischen des Sautel
Wien im Jänner 1786

Der Tod, ein alter hagrer Mann,
Traf einst zur Nachtzeit auf der Reise
Den jungen kleinen Amor an.
Ein Regenguß, der eimerweise
Aus einer Wetterwolke drang,
Und Rheens irdenes Gehäuse
Dem Weltmeer ähnlich machte, zwang
Die zween berittnen Bogenschützen
Vor einem Gasthof abzusitzen.
Weil es kein klügres Mittel gab,
Als willig hier zu übernachten,
So legten sie die Köcher ab,
Und ließen sich ein Ferkel schlachten.

Nachdem ihr kleiner Abendschmaus
Verzehrt war, zogen die zween Gäste,
Vor Schlummer gähnend, die durchnäßte,
Vom Regen schwere Kleidung aus,
Versenkten tief sich in ein niedlich,
Beblümtes Bett, und pflegten friedlich
Des Schlafes, der mit raschem Flug
Sie bald in's Reich der Träume trug.

Die Wirtin, der der blinde Bube
Samt dem verdorrten Greis, der ihn
Begleitete, verdächtig schien,
Schlich nun aus Neugier in die Stube.
Sie steckte bald in Amors Pack,
Bald in des Todes Mantelsack
Die mit dem feinsten Brillenglase
Zu diesem Zweck verseh'ne Nase,
Und leert', als sie die Köcher fand,
Aufs Tischchen, wo die Lampe stand,
Die Pfeile forschend hin, als plötzlich
Der schelmische Beelzebub
Kupido träumend ein entsetzlich
Geheul in seinem Bett erhub.
Betroffen las sie nun in Eile
Die blindlings ausgeleerten Pfeile
Zusammen, die beim matten Schein
Der Lampe sich so arg verwirrten,
Daß in Kupidens Köcherlein
Des Todes Pfeile sich verirrten,
Und manches Pfeilchen Amors sich
Mit in des Todes Köcher schlich.

Seit diesem feinen Abenteuer
Sieht man, daß gleich dem jüngsten Freier,
Der Graukopf nun um Liebe wirbt,
Und oft zu früh der Jüngling stirbt,
Weil jetzt der Tod aus seinem Köcher
Kupidens Pfeil' auf alte Schächer
Aus Irrtum oft zu schleudern pflegt,
Und mit des Knochenmannes Pfeilen
Der kleine blinde Gott zuweilen
Dem Jüngling Todeswunden schlägt.

An einen Rangsüchtigen
Wien im Mai 1786

Bene qui latuit, bene vixit.
                            Ovid


Freund, willst du Toren gleich, die, um vergnügt zu sein,
Der wandelbaren Gunst des blinden Glücks bedürfen,
Erträumter Möglichkeit und täuschenden Entwürfen
Der Zukunft deine Tage weihn?

Sei klüger, und genieß des Daseins kurze Frist,
Statt sie mit nichtigen Phantomen zu verträumen!
O sieh! der Lenz beginnt. Sieh, wie den Ahornbäumen
Das jugendliche Laub entsprießt!

Horch! Lerch' und Nachtigall verkünden rings umher
Den frohen Wonnemond hell trillernd durch die Lüfte:
Der Weste lauer Hauch, der Blüten Balsamdüfte
Sind Boten seiner Wiederkehr.

Sieh! alles, was sich regt, was auf beblümter Flur,
Im hohen Lustrevier, im Wasserreiche lebet,
Was rings im weiten Raum der Schöpfung Odem hebet,
Freut sich der Anmut der Natur.

Die Freude beut auch dir ihr reiches Füllhorn dar:
Laß nach der Größe Tand des Stolzes Knechte dürsten!
Vergnügen sei dein Ziel, nicht schnöde Gunst der Fürsten,
Die stets des Grams Gefährtin war!

Sieh jenen Höfling an! des Sturzes Bild umschwebt
Prophetisch seinen Blick: der bangen Ahnung Leiden
Verbittern stündlich ihm die unbefangnen Freuden,
Die der nur kennt, der sorglos lebt.

Drum zähme deinen Wunsch! leb' als ein freier Mann!
Was man nicht sehnlich sucht, vermißt man ohne Sorgen.
Der Weise läßt durch nichts sich fesseln, was ihm morgen
Des Zufalls Laune rauben kann.

Auf ein schlechtes Gemälde
des Grafen Cagliostro, dessen Kopf sich in einer
widernatürlichen Wendung zu weit rückwärts drehte.
Straßburg im Heumond 1786

Mit Billigkeit verrückte man
Dir hier den Kopf, du schlauer Scharlatan!
Denn du hast Tausenden das nämliche getan.

Parodie
von Horazens neunzehnter Ode im zweiten Buch.
Augsburg im Heumond 1786

Ich sah (ihr Enkel, ohne Scherz!)
Heut nachts im Traum den Eifrer Merz
Den Predigtstuhl besteigen,
Sah Küchennymphen, halb zerdrückt
Von Handwerksjungen, unverrückt
Ihr Ohr zur Kanzel neigen.

Potz Blitz! wie weidlich klopfte nicht
Der wackre Kämpfer das Gezücht
Der Ketzer auf die Finger!
Mir gellen, traun! die Ohren noch:
"Ach schone," rief ich, "schone doch,
Du tapfrer Schnupftuchschwinger!

Ich will ja glauben, daß die Hand
Des Papstes zum gelobten Land,
Wo Milch und Honig fließen,
Den Schlüssel hat, um allen Herrn
Sektierern und Schismatikern
Das Pförtchen zu verschließen;

Will glauben, daß du bibelfest
Der Protestanten Drachennest
Schon halb, wie Spreu, zerstäubtest,
Und manchen armen Pastor schon
Durch deiner Stimme Donnerton
Auf immer übertäubtest.

Du bändigst, großer Traumaturg!
Halb Augsburg, Ulm und Regensburg,
Ja fast das ganze Schwaben,
Und keiner von der Ketzerbrut
Vermag mit aller seiner Wut
Dir je was anzuhaben.

Du hautest Luthern, welcher sich
Den Vatikan so freventlich
Zu stürmen unterstanden,
Und seiner Jünger Riesenschwarm
Mit deinem orthodoxen Arm
Totalitär zu Schanden.

Zwar wähnt das böse Luthertum,
Es stünd' um unsrer Kirche Ruhm
Weit besser, wenn du schwiegest:
Allein wer kann in Deutschland nun
Den Ketzern allen Einhalt tun,
Wenn du sie nicht bekriegest?

Dich würde selbst, wenn du den Mund
Nur öffnetest, der Höllenhund
Nicht wagen anzublecken,
Und, wedelnd mit dem krausen Schwanz,
Die Zehn, o schrecklicher Popanz
Der Ketzer! sanft dir lecken."

Der ketzerische Dorfjunge
Nach dem Französischen
Linz im Heumond 1786

Der beleibte tonnenschwere
Dorfvikar Spiridion
Fragte bei der Christenlehre
Veiten einst, ob Gottes Sohn
Gleichfalls Gott sei, wie der Vater.
Nein, sprach Veit, der nicht, Herr Pater!
Wie? rief, vor Entsetzen bleich,
Der Vikar, ei! wer, zum Plunder!
Lehrte dich solch Zeug? Kein Wunder
Wär' es, Gott im Himmelreich
Lähmte spornstreichs dir die Zunge.
Sachte, sachte! sprach der Junge,
Macht nur kein so wild Gesicht!
Noch bis jetzt ist er es nicht:
Doch sollt' einst der Vater sterben,
Dann vermut' ich, Herr Kaplan,
Daß es ihm als nächstem Erben
Ganz gewiß nicht fehlen kann.

Fastenlied
Linz im März 1787

Dorinde, sieh, die Zeit der Maskeraden
             Ist nun entflohn,
Und Komus zieht, mit Geigen schwei beladen,
             Betrübt davon.

Reumütig schleicht der frommen Magdalenen
             Zerknirschte Schar,
Des Himmels Zorn durch Beten zu verlohnen,
             Nun zum Altar.

Manch loses Kind, dem noch vom Wirbeltanze
             Die Wangen glühn,
Wallt sittsam jetzt mit seinem Rosenkranze
             Zur Kirche hin.

Die Priesterzunft ergreift nun statt der Flasche
             Den Weihbrunntopf:
Das Laienvolk trägt statt des Puders Asche
             Auf deinem Kopf.

Der süße Herr, der stolz die Silberflocken
             Des blanken Schnees
Durch sein Gesicht beschämet, hört erschrockern:
             Tu puluis es

Die Kirch' ertönt von Psalmen, Litaneien
             Und Bußgeschrei,
Und sieh! auch du Dorinde, stimmst dem Schreien
             Der Büßer bei.

Mir aber, Kind! mir predigst du vergebens
             Von Buße vor:
Gern fleht' auch ich um Besserung des Lebens
             Mit dir empor.

Gern wollt' ich mich, hätt' ich nur was zu büßen,
             Mit dir kastein:
Doch, züchtige Vestalin! mein Gewissen
             Ist leider rein.

O möchtest du mir eine kleine Sünde
             Mir zugestehn!
Dann solltest du mich willig, o Dorinde,
             Als Büßer sehn.

Das beängstigte Kammermädchen
Nach dem Englischen
Linz im Sommermond 1787

Pfui, Junker! sein Sie doch bescheiden! . . .
Nur klug! . . . Ich kann das Ding nicht leiden . . .
Sie reißen mir ja das Gewand
Vom Leibe fort da mit der Hand! . . .
So hilft denn gar nichts? . . . Je! ich glaube,
Sie sind besessen . . . Ei, potz Blitz!
So schonen Sie doch meiner Haube! . . .
Nur nicht so kindisch, Junker Fritz!

O Himmel, hilf mir aus dem Zimmer! . . .
Nun, nur gemach! . . . Sie werden immer
Verwegner. . . . Wird kein Ende sein? . . .
Bei meiner Treu'! ich werde schrein . . .

So hören Sie doch auf zu küssen! . . .
Zum Plunder! ist denn keine Ruh? . . .
Ich möchte fluchen. . . . Ei, so schließen
Sie wenigstens die Türe zu!