Guter Rat
Singt, Ihr jammervollen Dichter,
Singt doch nimmer Liebeslieder;
Sonnen steigen auf und nieder,
Und Ihr zündet matte Lichter.
Quält Euch nicht mit leerem Drange,
Wo Ihr arm und dürftig fühlet,
Mühsam sinnt, im Haar Euch wühlet
Um ein Bildchen zum Gesange!
Was als Handwerk Ihr getrieben,
Gebt es auf und lernt Euch kennen!
Liebessänger Euch zu nennen,
Lernt vor allem Andern lieben!
Denn kein Lied läßt sich erzwingen,
Noch der Gott im Busen binden;
Bild und Wort wird leicht sich finden,
Wenn die rechten Saiten klingen!
Wenn die Lieb' Euch Lieder lehret,
Werden sie sich göttlich künden;
Im verwandten Herzen zünden
Jene Glut, die Ihr entbehret!
Und damit Ihr mögt erkennen,
Ob zu Liebeslust und Klagen
Ihr der Töne Kampf dürft wagen,
Will ich Euch die Zeichen nennen:
Singt Ihr, wandelnd in den Talen,
Müssen rings die Wälder tanzen,
Felsen, Wiesen, Bäume, Pflanzen
Müssen purpurrosig strahlen.
Singt Ihr auf der Alpen Spitzen,
Muß das Eis von hundert Jahren
Auftau'n, donnernd niederfahren
Von den uralt ew'gen Spitzen.
Wenn Ihr singet auf den Meeren,
Müssen, wie bei hohen Stürmen,
Sich empor die Wogen türmen,
Sich die Tiefen aufwärts kehren.
Und singt Ihr der Liebe Schmerzen,
Müssen Tränen aus den Steinen
Fließen, und Hyänen weinen
Wie bewegte Kinderherzen!
Und trifft keines dieser Zeichen,
Lästert dann mit nicht'gem Triebe
Nicht die hoh' allmächt'ge Liebe,
Die Ihr, schwach, nicht könnt' erreichen!
Ungewisses Licht
Bahnlos und pfadlos, Felsen hinan
Stürmet der Mensch, ein Wandersmann:
Stürzende Bäche, wogender Fluß,
Brausender Wald, nichts hemmet den Fuß!
Dunkel im Kampfe über ihn hin,
Jagend wie Heere, die Wolken zieh'n;
Rollende Donner, strömender Guß,
Sternlose Nacht — nichts hemmet den Fuß!
Endlich, ha! endlich schimmert's von fern!
Ist es ein Irrlicht, ist es ein Stern?
Ha, wie der Schimmer so freundlich blinkt,
Wie er mich locket, wie er mir winkt!
Rascher durcheilet der Wand'rer die Nacht,
Hin nach dem Lichte ziehts ihn mit Macht!
Sprecht mir, sind's Flammen, ist's Morgenrot?
Ist es die Liebe — ist es der Tod?
Der Blick gen Himmel
Nimm in die Hand den Stab,
Du Wandersmann durch's Leben,
Der Weg, bald rauh, bald eben,
Führt sicher Dich zum Grab.
Die Bahn ist bald durchschritten
Durch diese Zeitlichkeit,
Dann stehest Du inmitten
Der grauen Ewigkeit.
Ein Tag flieht um den andern,
Auch die mußt Du durchwandern;
Wo aber hält der Lauf
Der fernen Zukunft auf? —
Fort, Bild, das meinen Geist
Tief in den Abgrund reißt!
Ein uferloses Meer,
Und alles öd' und leer! —
Doch über Flut und Wogen
Glänzt hell das Sonnenlicht:
Die Liebe kommt geflogen,
Die süße Stimme spricht:
Nach oben mußt Du schauen,
Gedrücktes, wundes Herz,
Dann wandelt in Entzücken
Sich bald Dein tiefster Schmerz.
Froh darfst Du Hoffnung fassen,
Wie hoch die Flut auch treibt;
Wie wär'st Du denn verlassen,
Wenn Dir die Liebe bleibt??
Toast
an
Goethe's achtzigstem Geburtstage
Viele Sänger gibt's in allen Landen,
Wohlberufen, kundig alles Schönen,
Wert, daß Mädchenhände, sie zu krönen,
Rosenzweige reih'n zu duft'gen Banden.
So auch glüh'n auf allen Bergen Trauben,
Wert, daß Hebe sie in goldnen Schalen
Göttern reiche bei den Freudenmahlen
In den heitern, ewig grünen Lauben.
Doch nur einen Wein hat es gegeben,
Der Unsterblichen selbst dünkt der beste,
Den sie trinken bei dem schönsten Feste:
Saft, gekeltert aus Tokaier Reben.
So auch ward e i n Dichter nur geboren,
Daß er hoch ob allen andern rage;
Daß den Kranz er reicher Ehren trage,
Ward er von den Himmlischen erkoren!
Darum sollt' der edelste der Weine
Ihn, den greisen Dichterkönig laben,
Möge lange noch die Welt ihn haben,
Leb' er lang' noch in des Glückes Scheine! —
Dieses Gold der Reben sollst Du trinken,
Vater Goethe, vielgeliebt und teuer!
Rieselt durch die Adern Dir sein Feuer,
Wird dir Jugend von der Wange blinken! —
Denn es hat die Gabe Deiner Werke:
Nicht das Blut leicht schäumend zu berauschen,
Doch die ew'ge Jugend einzutauschen,
Höchste Milde, Klarheit, Glut, tief inn're Stärke!
Bei Beethoven's
Begräbnisse
Was strömt das Volk dort jenem Haus entgegen,
An dessen Tor sich seine Woge bricht?
Unzählbar eilt es hin auf allen Wegen,
Es faßt der Raum die Flut der Menge nicht! —
Und von den Türmen tönt's in dumpfen Schlägen,
Um einen Sarg reiht sich der Fackeln Licht,
Und Trauersang und der Posaunen Klänge
Ertönen in's entfernteste Gedränge.
Liegt dort ein König? geht ein Fürst zu Grabe,
Daß weinend ihn ein ganzes Volk beklagt?
Ich sehe nichts von Herrscherbind' und Stabe
Auf jener Bahre, wo das Kreuz nur ragt!
Und doch war eine Krone seine Habe,
Und doch ist es ein König den Ihr tragt:
Gekrönt hat ihn die himmlische Kamöne,
Und König ist er in dem Reich der Töne.
Und auf sieht man den Sarg vom Boden heben,
Auf treuen Schultern ruhet seine Last;
Und sechs ruhmwürd'ge Meister zieh'n daneben,
Des Bahrtuch's Bänder haben sie gefaßt;*
Ja, alle, die der Kunst, der hohen, leben,
Begleiten ihn zu feiner letzten Rast:
Und die ihn liebten, Freunde nah' und ferne,
Nach blicken sie dem ausgeglomm'nen Sterne.
So naht der Zug dem stillen Friedensorte,
Wo sich der Mund der Erde aufgetan,
Geöffnet harr't die dunkle Grabespforte,
Was sterblich war am Toten, zu empfah'n!
Und als verhallt die letzten Klageworte,
Und als das Licht wegschied vom Himmelsplan,
Versinkt der Sarg, und unsre Augen sehen
Zugleich zwei Sonnen von der Erde gehen! —**
Und um das Grab schließt, mit betränter Wange,
Von heimatlichen Sängern sich ein Kreis:
Ein jeder legt mit liebevollem Drange
Auf jenen Hügel Blüte, Blume, Reis;
Nicht einen Wetttampf gilt es im Gesange,
Hier ringet Keiner um des Liedes Preis;
Nur ihre Klagen wollen sie vereinen,
Gemeinsam trauern, Ihn vereint beweinen!
*Die
Kapellmeister Hummel, Eibler, Weigl, Gyrowetz,
Seyfried und Kreuzer.
**Es war Abend geworden, als der Zug auf dem Gottesacker
anlangte.
Zueignung
Wem ich die Blumen meines Sanges streue,
Forscht Ihr von mir, und seht mich fragend an?
Der ich mein Herz und meine Seele weihe,
Ihr sind auch diese Blüten untertan.
O, daß die Himmlische sich ihrer freue.
Wohl schönem Lohn kein Sänger je gewann!
O, möge ihr mein tönend Spiel gefallen,
Der Einen nur, die herrlich unter Allen!
Zu ihrem Preise soll in späten Tagen
Mein Lied noch tönen aus der Enkel Mund;
Den holden Namen soll's zur Nachwelt tragen,
Ihr hohes Lob tu' es begeisternd kund;
Wie Sänger einst die Saiten angeschlagen,
In ew'gen Liedern feiernd solchen Bund,
Gleich wie Petrark, hoch über alle Sterne,
Trüg' ich den Ruhm der Heißgeliebten gerne! —
O, möcht' der Lorbeer mich, wie ihn, umwinden,
Der heil'ge Zweig um meine Stirne blüh'n;
Dann würd ich ihn um Ihre Schläfe winden,
Den dunkeln Kranz durch helle Locken zieh'n.
Kein schön'res Haupt kann ich zu schmücken finden,
Dort soll er weh'n in ewig jungem Grün. —
Doch wie? — macht mich ein Traum des Seins vergessen?
Ich schenke das — was nimmer ich besessen!
Die Kritikaster
Ihr könnt uns Poesie nicht lehren,
Und doch doziert Ihr uns so viel;
Die Poesie ein göttlich Spiel,
Will sich an Euer Wort nicht kehren.
Frei wie die Luft, schwebt sie dahin,
Sie läßt sich nicht in Bande schlagen;
Sie folgt dem eignen innern Sinn,
Ist Duft und Klang, emporgetragen
Vom milderwärmten Frühlingshauche;
Sie fragt nicht viel nach Eurem Brauche.
Hat mir ein Gott die Kraft gewährt,
So, wie sie mir im Innern glühen,
Die Flammen, die mein Busen nährt,
In Worten glühend auszusprühen,
So will ich dichten, weil ichs kann,
Was geht mich Euer Kritteln an! —
In trüben Tagen
Ihr werten, lieben Gesellen,
Wir leben in düst'rer Zeit,
Der Himmel ist schwarz umzogen
Mit Dunkel weit und breit;
Kein Strahl will ihn erhellen,
Es teilt die Wolken, dicht,
Die nächtlich ihn umwogen,
Kein Schimmer von freudigem Licht.
Es ist der Frühling gekommen,
Doch wollen die Bäume nicht blüh'n,
Kein Blümlein ist aufgeglommen,
Es werden die Wiesen nicht grün!
Das macht, es fehlt die Sonne
Mit ihrem warmen Schein,
Die Quell ist aller Wonne,
Die zeugt und belebt allein!
Und dringt auch ein Schimmer im Weiten
Hervor aus dem Dunkel, im Nu
Die Wolken darüber gleiten
Und decken ihn wieder zu.
So sitzen wir trauernd beisammen,
In öder, in schauriger Nacht,
Und späh'n, ob die leuchtenden Flammen
Auf den Bergen umher nicht erwacht.
Und nirgend will es noch tagen,
Rings lastet das Dunkel noch schwer;
Die Herzen wollen verzagen,
Denn finst'rer wird's als vorher!
Drum eilet, die Saiten zu schlagen,
Erhellet die Nacht mit Gesang,
Dann wird auch den Scheuen und Zagen
Im finsteren Schatten nicht bang.
Schließt fester im Ring Euch zusammen,
Ihr edlen Sänger, so wert,
Ihr habt ja mit himmlischen Flammen
Den glühenden Busen genährt.
So sprühet im freien Gesange
Die reine, die heilige Glut,
Und bei dem gefeierten Klange
Erstarke das Recht und der Mut!
Lebe wohl
Nach
dem Englischen des Lord Byron
Lebe wohl, und wenn für immer,
Sei's für immer denn! Wohlan!
Wie Du unerbittlich, nimmer
Klage doch mein Herz Dich an.
Könnte diese Brust sich spalten,
Sie an die Dein Haupt so gern,
Lieblich schlummernd, Du gehalten.
Und die bald Dir ewig fern:
Könntest Du sie recht betrachten,
Jeglichen Gedanken seh'n.
Ja, Du spräch'st: so sie verachten,
Wahrlich, sei nicht gut gescheh'n!
Mag der Tat sie Beifall schenken,
Lächle auch dazu die Welt;
Dich muß solcher Beifall kränken,
Da er fremder Qual gesellt!
Was ich auch gefehlt im Leben,
Fand sich für so blut'gen Schlag
Denn kein and'rer Arm, als eben
Der, in dem so oft ich lag?
Täusche Dich nicht selbst! Wohl schwinden
Mag die Liebe allgemach;
Aber nimmer wirst Du finden,
Daß ein jäher Riß sie brach.
Du wirst leben und mein Leben,
Wenn auch blutend, wird besteh'n;
Ein Gedanke nur macht beben: —
Daß wir uns nie wiederseh'n!
Dies sind Worte, tiefre Sorgen
Fassend, als des Todes Grau'n:
Beide leben, jeden Morgen
Ein verwitwet Bett zu schau'n! —
Hörst Du einst mit Wohlgefallen
Unsres Kindes ersten Laut,
Willst Du's lehren "Vater" lallen,
Da's den Vater nie geschaut? —
O, wenn Dir sein Mund begegnet,
Dich sein kleines Händchen drückt,
Denk', daß mein Gebet Dich segnet,
Wie Dein Lieben mich beglückt.
Sollt' es meine Züge tragen,
Ob auch ewig fern ich sei,
Wird Dein Herz doch sanfter schlagen,
Blieb ein Pulsschlag mir noch treu! —
Meine Fehler liegen offen,
Doch nicht meine Raserei!
Dich begleitet all' mein Hoffen,
Wo Du gehst, wohin es sei!
Jed' Gefühl war frei gelassen,
Stolz, der einer Welt nicht wich,
Bog sich Dir; von Dir verlassen,
Ließ die eig'ne Seele mich! —
Aber eitel sind nun Klagen,
Mein' am eitelsten! Vorbei!
Ach! — Doch die Gedanken jagen
Unwillkührlich, fesselfrei! —
Lebe wohl! — So aller Freuden,
Jedes Trost's beraubt, allein,
Blutend — dorrt das Herz in Leiden! —
Härter kann auch Tod nicht sein.
Bei Goethes Tode
Horch! durch Deutschlands weite Gauen
Schallt der Grabestuba Klang;
Millionen Augen schauen
Tränenvoll und schmerzensbang.
Von dem Rhein zur Elb' im Fluge
Tönt die düst're Todesmähr',
Und in endlos langem Zuge
Treten hundert Völker her.
Wem die Sprache der Teutonen
Irgend nur zum Herzen schallt,
Wie er fern auch möge wohnen,
Kommt zum Grabe hergewallt.
Und ein einz'ger Klagton zittert,
Weheschreiend, durch die Luft,
Und ein Schmerz ist's, den, erschüttert,
Jede Brust zum Himmel ruft! —
Und doch seht! — Ich kann nicht weinen,
Trauer füllt die Brust mir nicht;
Kann mich Eurem Schmerz nicht einen, —
Ihr seht Nacht, — ich sehe Licht,
Weg mit den Zypressenkränzen,
Rosen schlingt um's Haupt, und laßt
Uns mit Hymnen und mit Tänzen
Grüßen seine ew'ge Rast.
Denn aus allen, die da leben.
Lebten, — Einen kenn' ich nur,
Dem die Götter Glück gegeben,
Der zum Himmel selig fuhr!
Was die Gunst in kargen Spenden
Einzeln nur Erwählten beut,
Hat sie mit freigeb'gen Händen
Auf dies einz'ge Haupt gestreut.
Gleich dem jungen Gott der Trauben
Pflegt' ihn eine Nymphenschar,
Und dem Kind in Blütenlauben
Reichte sie Ambrosia dar.
Und mit einem reichern Kranze,
Traub- — und Ros- — und Lorbeerschwer,
Ging, ihm gleich an Schönheitsglanze,
Im Triumphzug er einher.
Und was ehret, und was schmücket,
Edles Gut, und schöner Tand,
Was erfreut und was beglücket,
Fiel von selbst in seine Hand.
Sein war, was da lebt und blühet,
Sein der Preis an jedem Ziel,
Und was And'rer Kräfte mühet,
War den seinen nur ein Spiel.
Und als spät er abgerufen
Aus dem Lebenstempel, traf
Statt dem Tod er, auf den Stufen,
Seinen mildern Bruder Schlaf.
Und bei hoher Fürsten Leichen
Wird des Sängers Grab geschaut,
Der sich in des Geistes Reichen
Einen Göttertron erbaut.
Ja, ein Gott kam er zur Erde,
Und ein Gott im Siegeslauf,
Frei von irdischer Beschwerde,
Flog er zum Olympus auf!
Weg denn mit Zypressenkränzen,
Rosen schlingt um's Haupt und laßt
Uns mit Hymnen und mit Tänzen
Grüßen seine ew'ge Rast! —
An Grillparzer
Laß, hehrer Aar, uns durch die Wolken dringen!
Du bist der stärk're, ziehe Du voran! —
An Mut Dir gleich, an Kraft Dir untertan,
Versuch' auch ich's, und prüft meine Schwingen. —
So sprach ein Schwan. — Da hört er siegreich klingen
Des Aares Fittig, der den Flug begann,
In stiller Kraft hob er sich sonnenan;
Der Schwan ersah's, — da wollt' das Herz ihm springen.
Doch wie den Aar die Lichtgefild' umweben,
Er aus dem Saum der Rosenwolke ruht,
Da rief der Schwan bald in Begeist'rungsglut:
Dein ist der Sieg! Du kannst zur Sonne schweben;
Mir ward ein dunkler Element gegeben.—
Und liebend taucht er nieder in die Flut.
Angebinde
Ein ehrend Kleinod möcht' ich gern Dir geben,
Möcht' Dir so gern, wie ich Dich liebe, zeigen;
Doch arm bin ich und nenne nichts mein eigen;
Was zierlich sonst und reich das heit're Leben
Mit frischem Glanz und Schimmer mag umschweben,
Es steht mir fern; die frohen Klänge schweigen,
Geknickt vom Sturm sich alle Blüten neigen,
Und keine kann ich dir zum Kranze weben.
Doch Pelikane tränken ihre Jungen
Ja mit dem Blut, das warm der Brust entsprungen,
Und spenden den verborg'nen Quell mit Freuden:
So ström' im Lied der Quell Dir meiner Leiden,
Der Qualen Born, er soll sich Dir erschließen!
Mein Herzblut ist's; — laß in den Staub es stießen!
An Donzeli als Othello
Begeistert lauscht das Volk dem Wunderklange,
Wie einst, als Orpheus über's Meer gezogen
Im Kiel der Argo, rings entzückt, die Wogen
Gestaunt, die grünen Ufer, dem Gesange!
Mühsam verschließt der trunk'ne Busen lange
Der Wonne Fülle, die er eingesogen,
Und daß ein Ton ihm ungehört verflogen
Im Sturm des lauten Jubels, ist ihm bange;
Doch nun das Lied verklang, nun ist entbunden
Die Lust! und seht — welch Wunder ist geschehen?
Statt Jauchzen hat die Träne sich gefunden! —
Du, Meister, triffst das Herz mit gold'nen Pfeilen
Doch weil Du es durchdringst mit süßen Wehen,
Wünscht von so sel'gem Schmerz es nie zu heilen!
Vergangenheit
Seh ich deine Schleier sich entfalten,
Heil'ge Vorzeit, Weltbeglückerin,
Seh' ich, durch die Nebelhülle hin,
Deiner Söhn' ehrwürdige Gestalten,
Die im Glanze deiner Tage wallten,
Ruhmgekrönt und hehr vorüberzieh'n;
Horcht die Seele mit Begeist'rungsglüh'n
Tönen, die verklangen und verhallten:
Dann, vom Hauche Deines Geist's durchbebt,
Fühl' ich's an dem frischbewegten Schlage
Meines Herzens, jener schönen Tage
Götterbild, das hold vorüberschwebt,
Ist der Freiheit Kind, und neu erhebt
Um die Frühverschwund'ne sich die Klage.
Gegenwart
Fern in des Lebens Ozean gebannt,
Liegt hinter uns, in glanzerfüllten Weiten
Ein blübend Eden längst entfloh'ner Zeiten,
Und vor uns starrt ein unbekanntes Land,
Aus dem zurück noch nie ein Wand'rer fand,
Auf das sich Nacht und Finsternis verbreiten;
Doch treibt uns hie, wie sehr wir ringen, streiten,
Des rauhen Schicksals allgewalt'ge Hand.
So ist die Gegenwart des steten Strebens
Beschwerter Kampf nach fern verhülltem Ziel;
Der sturmbewegten Wellen leichtes Spiel,
Ist unser Mut, ist unsre Kraft vergebens,
Doch glänzt zum Trost die Hoffnung, mild und still,
Als Leitgestirn im Nachtorkan des Lebens.
Zukunft
Was ich tue, ist vergeblich Streben,
Dunkel nur und zweifelhaft mein Wissen;
Was ich wünsche, muß ich stets vermissen,
Täuschung nur und Trug will mich umgeben.
Aber Dauer weilet nicht bei'm Leben,
Und so werd' ich's endlich auch beschließen;
Diesem Nachtgewölk' des Wahn's entrissen,
Wird mich hell're Klarheit einst umweben.
Nahen Tag verkündet uns Aurore,
Licht muß siegend durch den Schatten dringen;
Wenn wir männlich nach der Wahrheit ringen,
Öffnen sich die goldnen Flügeltore
Ihrer Heimat, und hinüber bringen
Wird den Sehnenden die nächste Hore.
An die Tadler
Ihr schmäht, Ihr seht mich Eure Zeichen tragen,
Und dennoch sei ich Keiner von den Euern!
Nie werd' ich's sein, daß kann ich Euch beteuern;
Weit eher würd' ich meinen Schild zerschlagen!
Ich seh' Euch nur nach Eurem Vortheil jagen,
Mich muß ein höh'res Ziel zum Kampf befeuern:
Der Menschheit Adel, den allein mir teuern,
Möcht' ich erhalten seh'n den künft'gen Tagen!
Wie Ihr besitz' ich, was ich nicht verachte,
Doch auch nicht achte mehr als sich gebühret;
Es ist nicht vom Fuchs die Fabel und der Trauben!
Ich will nicht schmäh'n, — doch laßt mir meinen Glauben:
Daß Gottes Hand zu jenem Ziele führet,
Von dem Ihr fliehet und nach dem ich trachte! —
Das Standbild zu Memphis
Du Bild von Erz, inmitten aufgerichtet
Der alten Stadt, die einst Dich walten sehen,
O, rege Dich, Du darfst so stumm nicht stehen,
Indes Dein großes Werk man frech vernichtet!
Du hast die alte Finsternis gelichtet,
Vor Deinen Strahlen mußte sie vergehen,
Sie schwand wie Rauch vor Deines Atems Wehen
Nun ist sie dunkler als vorher geschichtet!
Nur Einmal noch erhebe Deine Stimme,
Sprich Einmal noch, den Tempel zu beschützen,
Daß nicht Vernunft, die hehre, sei zum Spotte!
Und hört sie nicht, die Tempelschänderrotte,
Streck' Deine Hand aus im gerechten Grimme,
Und scheuche sie hinweg mit Himmelsblitzen!
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